Wir fallen nicht (German Edition) by Vuorela Seita

Autor:Vuorela, Seita [Vuorela, Seita]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Camping, Brüder, Jenseits, Tod, Meer, Strand, Trauer
Herausgeber: Ravensburger Buchverlag
veröffentlicht: 2014-08-31T22:00:00+00:00

Das Mädchen

Das Mädchen sieht einen Strudel um den kleinen Bruder kreisen. Im Auge dieses Strudels sieht sie die anderen Jungen vom Strand. Und sie sieht noch mehr. Sie sieht, wie der Schatten eines gespenstischen Gebäudes auf das Wohnmobil der Brüder fällt. Als wäre jeder Lagerplatz am Strand verdüstert. Von einem Unglück. Von einem Schemen des Todes.

Mit den Fingern malt das Mädchen Bilder in den Sand und verziert sie mit Muscheln und Steinen. Das Meer wird sie sich holen, das weiß sie. Und sie weiß, dass der kleine Bruder sie genau in diesem Moment beobachtet. Sie fühlt sich von ihm angezogen. Diese Jungen haben etwas an sich, dass man ihnen in die Arme laufen will. Doch darüber muss jeder sich klar sein: Sie sind hungrig, und deshalb jagen sie, das ist wie ein Gesetz. Sie ziehen einen zum Abgrund hin, auch das gehört dazu. Dann kommt man auf die Idee, dass man etwas sehen will, was man nur aus großer Höhe sehen kann, und man will unbedingt zu dieser Kante, diesem Abgrund, und genau das, genau das ist das Problem. Deshalb muss man sich vorsehen, vor allem, wenn der Strudel stärker wird, so wie bei diesem neuen Jungen. Der kleine Bruder zieht einen mit sich fort. Zur Kante. Und noch einen Schritt weiter.

Man möchte nachgeben,

und das ist das Schlimmste daran.

Denn der Junge ruft auch die anderen.

Er ruft seinen Bruder.

Er ruft seine Mutter.

Er ruft seinen Vater. Der Vater spürt es vielleicht und hält sich deswegen fern.

Das Mädchen weiß das alles, sie sieht es in dem Jungen. Sie sieht es in den Schatten über seiner Familie. Sie hat Augen, die sehen, was für andere unsichtbar ist. Das, was für diese Jungen unsichtbar ist. Vielleicht haben Jungen im Allgemeinen andere Augen als Mädchen.

Mit diesem Blick sieht sie die Welt. Sie verdeckt das eine Auge mit der Hand, wie ein Pirat mit Augenklappe. Den Rest der Zeit verbringt sie in den Dünen und wartet, pustet auf dem Wellenbrecher Seifenblasen in die Luft, schaut mit ihrem besonderen Blick und wartet weiter.

Sie hat ihre Aufgabe. Sie hilft diesen Jungen, ihre Reise anzutreten.

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