Das Mädchen Wadjda by Al Mansour Hayfa

Das Mädchen Wadjda by Al Mansour Hayfa

Autor:Al Mansour, Hayfa [Al Mansour, Hayfa]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: cbt
veröffentlicht: 2015-09-27T16:00:00+00:00


21. Kapitel

In sicherer Entfernung vom Schultor der Jungenschule wartete Wadjda. Ihr ganzer Körper vibrierte vor Nervosität. Sie hatte sich hinter einer Mauer versteckt, in einem schattigen Hauseingang nicht weit vom Schulgebäude. Sie wollte sich nicht verdächtig machen, aber so nah an der Jungenschule wollte sie auch nicht gesehen werden.

Doch sie war nicht deshalb so vorsichtig, weil sie sich um ihren Ruf Sorgen machte. Ha! Bei dem Gedanken schnaubte sie höhnisch. All das Gezeter und Getue über Unsittlichkeit langweilte sie zu Tode. Und sie sorgte sich auch nicht, dass die Mutter ihre Drohungen wahrmachen und sie verheiraten könnte – eigentlich nicht. Es war nur so, dass sie eine Mission zu erfüllen hatte. Sie konnte sich nicht durch neugierige Zuschauer davon ablenken lassen.

Gerade hatte es zum Schulschluss geklingelt. Warum tauchte Abdullah nicht auf? Wadjda lugte um die Ecke. Jede Menge Leute liefen vorbei und Autos parkten vor der Mauer und boten Fahrdienste an. Doch ihr Freund ließ sich nicht blicken.

Hm. Wadjda verzog sich wieder in ihr Versteck, schloss die Augen und dachte scharf nach. War das wirklich eine gute Idee? Sicher war sie sich nicht. Am liebsten hätte sie die Sache allein durchgezogen, aber sie brauchte Hilfe, das war ihr klar. Und Abdullah war der Einzige, auf den sie zählen konnte. Er würde sie begleiten. Wenn er doch endlich auftauchen würde!

Noch ein Blick um die Ecke. Nichts. Vielleicht war er schon längst draußen. Wadjda zog eine Grimasse. Mädchen mussten sich in Riad jedes Mal einer Musterung unterziehen, bevor sie in die Schule und wieder hinaus durften, Jungen hingegen kamen und gingen, wie sie wollten.

Sie hatte eine Idee! Hinter der Schule der Jungen lag eine verlassene Ladenstraße. Da trieb Abdullah sich gern rum, warf Steine auf die schon kaputten Fenster, fuhr Rad mit den anderen Jungen und versuchte, cool zu sein. Mit gesenktem Kopf und dem Schleier vorm Gesicht sprintete Wadjda um die Ecke, eine Gasse entlang und über die Straße. Dann lehnte sie sich mit dem Rücken an eine schmutzige Wand, atmete durch und wartete.

Und richtig, da war Abdullah, er warf mit Steinen und rief seinen Freunden Beleidigungen zu, die nicht ernst gemeint waren. Grinsend hob Wadjda einen Stein auf und schleuderte ihn in seine Richtung. Sie hatte gut gezielt, aber nicht gut genug. Der Stein verfehlte ihn knapp und traf sein Vorderrad. Abdullah fuhr herum und guckte wütend über den leeren Parkplatz. Als er Wadjda entdeckte, schaute er sofort nervös zu seinen Freunden rüber, doch die waren voll damit beschäftigt, auf eine der wenigen heilen Fensterscheiben über ihnen zu zielen.

Immer noch ein Feigling! Wadjda verdrehte genervt die Augen. Er will nicht mit mir gesehen werden.

Sie hob noch einen Stein auf und wog ihn gut sichtbar in der Hand.

Dieses Mal werde ich treffen, gab sie ihm so zu verstehen. Abdullah zögerte nicht länger, er schob sein Fahrrad zu ihrem Versteck.

»Weißt du, wie man nach Adira kommt?«, fragte sie.

Verblüfft sah Abdullah sie an. Seine Hand ging zum Kopf und er rückte seine taqiya zurecht. Der zarte weiße Stoff war schön, sie war perfekt gewebt, wie ein festes Spinnennetz.



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