Arkadien brennt by Kai Meyer

Arkadien brennt by Kai Meyer

Autor:Kai Meyer
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Carlsen Verlag
veröffentlicht: 2010-08-30T00:00:00+00:00


Apollonio

Haben Sie das gewusst?«, fauchte sie in den Hörer. »Scheiße, natürlich wussten Sie’s!«

Trevini seufzte am anderen Ende der Leitung. »Wir sollten das nicht am Telefon besprechen.«

»Ich will jetzt die Wahrheit wissen!« Sie war am Abend mit Alessandro verabredet, aber statt sich auf ihn zu freuen, musste sie sich nun mit diesem Mist herumschlagen.

»Sie sind unvernünftig. Sie lassen sich da zu etwas hinreißen, das –«

»Mir reicht’s!« Sie sprang vom Drehsessel auf, umrundete den riesigen Schreibtisch und begann, im Arbeitszimmer auf und ab zu laufen. Ihre schweren Metallkappenschuhe hämmerten auf das Parkett, als würde ein Sonderkommando den Palazzo stürmen.

Der Rechtsanwalt stieß im fernen Taormina den Atem aus. »Warten Sie.« Etwas klickte in der Leitung, gefolgt von einem Rauschen, dann einem erneuten Klacken. »So, das ist besser.«

»Was?«

»Ich habe einen Verzerrer zwischengeschaltet, damit Sie uns nicht alle ans Messer liefern. Sie werden niemals – niemals! – wieder versuchen, über solche Dinge mit mir am Telefon zu reden, ohne mich vorzuwarnen.«

»Was sind das für Pelze im Keller? Warum hat meine Großmutter sie da unten gesammelt? Woher stammen sie? Und warum so viele?«

»Costanza hat diese Menschen nicht getötet, Rosa. Wenn es das ist, was Sie so aufbringt. Und wenn man denn überhaupt von Menschen sprechen will.«

»Bin ich für Sie kein Mensch, Avvocato Trevini?«

Er lachte leise. »Tatsächlich wünsche ich mir, Sie wären etwas weniger menschlich. Wie Ihre Großmutter.«

»Sie war ein Ungeheuer!«

»Eine Sammlerin mit erlesenem Geschmack.«

»Geschmack? Tickt’s bei Ihnen noch richtig? Das da unten waren einmal Männer und Frauen! Und zwar ein paar Hundert!«

»Wie gesagt: Sie hat sie nicht eigenhändig getötet. Sie hat ihren Tod nicht mal in Auftrag gegeben.«

»Oh, das ist beruhigend.«

»Wir sollten das –«

»Bei Ihnen besprechen? Vergessen Sie’s.«

»Die Abhörspezialisten der Staatsanwaltschaft brauchen nicht länger als drei, vier Minuten, um das Signal des Verzerrers zu knacken. Falls sie uns gerade zuhören, bleibt uns nicht viel Zeit.«

»Dann drücken Sie eben noch mal auf den Knopf.«

»Sie sind aufgebracht, weil –«

»Weil ich in meinem Keller ein Scheißmassengrab entdeckt habe!«

Er schien etwas zu trinken, sie hörte ein leises Gluckern. Jeden Moment würde sie platzen vor Wut. In einem hatte er Recht: Sie musste sich dringend beruhigen, erst mal runterkommen.

Widerwillig nutzte sie die kurze Pause, um zurück zum Schreibtischstuhl zu gehen. Florindas geräumiges Arbeitszimmer – ein ehemaliger Salon des Palazzo mit dunkel getäfelten Wänden und Blick von einem schmiedeeisernen Balkon auf den Innenhof – war ihr fremd. Sie fühlte sich darin klein und deplatziert.

Es knackte und rauschte wieder in der Leitung. Trevini hatte das Signal neu codiert. Weitere drei Minuten.

»Also?«, fragte sie.

»Ich weiß nicht viel darüber, das müssen Sie mir glauben. Costanza hatte ein Faible für Pelze aller Art. Der Palazzo war voll davon. Kaminvorleger, Läufer, sogar Vorhänge. Sie hat Pelze über alles geliebt. Nach ihrem Tod verschwand das meiste davon. Florinda hat alles entsorgen lassen.«

»Florinda hat nichts von dem Kühlraum gewusst?«

»Doch, ich denke schon. Vielleicht hat sie die Wahrheit verdrängt.«

»Wer weiß noch davon?« Plötzlich kam ihr ein Gedanke. »Ist das der Grund, warum alle anderen Clans die Alcantaras so hassen?«

»Wenn die anderen auch nur etwas davon ahnten, wäre Ihre Familie schon vor Jahrzehnten ausgelöscht worden.



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