Zweiland - Sternengold und Schattenschwarz by Schröder Patricia

Zweiland - Sternengold und Schattenschwarz by Schröder Patricia

Autor:Schröder, Patricia
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-04-16T16:00:00+00:00


Kristallstrahlen

Tontio hatte das Gefühl, länger als einen Tag und eine Nacht unterwegs gewesen zu sein, als die Träger mit einem Mal wie auf Kommando stehen blieben. Der Junge spürte noch ein leichtes Schwingen in der Trage, dann lag auch er ganz still.

»Bindet ihn los!«, befahl der Magier.

Sofort machten sich eifrige Finger an Tontios Fesseln zu schaffen und wenige Augenblicke später wurde er bereits von kräftigen Männern ergriffen und auf die Füße gezerrt.

»Und wie soll dieser verdammte Schwarzling uns jetzt helfen, auf die andere Seite zu gelangen?«

Tontio erkannte Lantjos Stimme.

»Das wirst du schon sehen«, erwiderte der Magier. Dann donnerte er: »Stellt ihn ans Ufer!«

Die letzte Silbe war noch nicht verklungen, da wurde Tontio bereits unsanft weitergezogen. Er stolperte über harten, staubigen Boden, stieß sich die Zehen an einem scharfkantigen Stein und kam schließlich zum Stehen. Zwei große Hände in seinem Rücken drückten ihn gewaltsam nach vorn.

»Und jetzt?«, rief einer der Männer. »Was jetzt?«

Tontio stemmte sich mit seiner ganzen Kraft und Entschlossenheit dem Druck entgegen. Das Rauschen, das er unmittelbar unter sich vernahm, und die feine feuchte Gischt, die er auf der Zungenspitze schmeckte, ließen ihn nichts Gutes ahnen.

Tarius, verdammt noch mal!, rief er, hin und her gerissen zwischen Zorn und Angst. Worauf wartest du denn noch?

Es tut mir leid, es sind zu viele und sie stehen zu dicht. Ich kann dich ni…

»Werft ihn in den Fluss!«, übertönte der Befehl des Magiers die Antwort des Panthers.

Tontio spürte das Zögern der Männer, die ihn hielten, und schöpfte eine leise Hoffnung.

»Na los! Macht schon!«

»Uaaargh!« Der Junge bäumte sich auf und brüllte, als ob Tarius höchstpersönlich in ihn gefahren wäre. Er trat um sich und wand sich in alle Richtungen, doch es nützte ihm nichts. Die Männer des goldenen Volkes waren stark. Sie packten seine Arme so fest, dass ein rasender Schmerz durch seine gespannten Muskeln fuhr und jede weitere Bewegung unmöglich machte.

»Zur Hölle mit dir!«, rief der Magier und ein eiskalter Stich traf den Jungen zwischen die Schulterblätter. Tontio stöhnte auf. Er sackte in sich zusammen und spürte nur noch, wie er vornüber gestoßen wurde. Dann stürzte er hinab, durchbrach die Oberfläche des Flusses und tauchte ein in klares, gold durchflutetes Wasser. Sofort riss er die Augenbinde herunter und versuchte, sich zu orientieren. Tontio sah hellbraunen Felsboden unter sich und dort, wo die Sonnenstrahlen sich in der Gischt des Flusses brachen, gleißende Lichtspiegelungen. Abermillionen flirrende goldene Punkte tanzten um ihn herum, prickelten auf seiner Haut und umspülten ihn mit wohliger Wärme.

Tontio entspannte sich. Eine nie gekannte, unbändige Freude durchströmte sein Herz. Der Junge machte ein paar lange geschmeidige Schwimmzüge, dann legte er die Arme an den Körper und drehte sich einmal um sich selbst. Fast hätte er einen Jubelschrei ausgestoßen.

Doch plötzlich umfing ihn eine eisige Kälte.

In der Ferne ertönte ein dumpfes Grollen. Tontio hielt in seiner Bewegung inne. Wie erstarrt blickte er in die Richtung, aus der das Grollen kam. Und dann sah er sie: Eine nachtschwarze Wolke, die wie ein tosender Wirbelsturm auf ihn zuraste, im Bruchteil eines Augenblicks den hellen Felsboden verdunkelte und die Sonnenstrahlen und Goldpunkte verschlang wie ein böses, gefräßiges Ungeheuer.



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