Winter by Hermann Hesse

Winter by Hermann Hesse

Autor:Hermann Hesse [Hesse, Hermann]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-11-13T05:00:00+00:00


/ WEIHNACHT DES ALTEN /

Als ich ein Knabe war, in Weihnachtszeiten,

Wie war ich selig da und unersättlich,

Im Duft der Kerzen mit dem neuen Spielzeug

Zu spielen unterm Tannenbaum: dem Roß,

Dem Bilderbuch, der Eisenbahn, der Violine!

Und wenn auch jedes Spielzeug bald erlosch

Und Alltag wurde, jeder Weihnachtsbaum

War wieder neu, war Fest und Wunder,

Umfing mich wieder mit dem Zaubernetz.

Heut weiß ich keine neuen Spiele mehr,

Erschöpft ist Glanz und Lust, der lange Weg

Liegt hinter mir, zerbrochenen Spielzeugs voll,

Die Scherben klirren. Doch die Sehnsucht malt

Mir einen letzten, höchsten Zauber noch

In holden Farben aus: das letzte Fest,

Den Ausgang aus der Spiel- und Kinderwelt,

Den Eingang in die nächste, tief ersehnt.

Dein denk ich, wenn die leergewordne Welt

Um mich mit ihren farbigen Scherben flirrt,

Dein denk ich, letztes Spiel, geliebter Tod!

Aufglänzen wird noch einmal Kinderlust,

Noch einmal wird der dürre Christbaum blühn

Und Wunder strahlen, daß im dunkeln Schacht

Das Herz von neuer Wonne bang erquillt.

Und zwischen Kerzenglanz und Tannenduft

Und all dem Wust zerbrochner Spielerei’n

Wird aus dem wonnevollen Dunkel

Die ferne Stimme meiner Mutter rufen.



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