Die geheime Mission des Kardinals by Rafik Schami

Die geheime Mission des Kardinals by Rafik Schami

Autor:Rafik Schami [Unbekannt]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Gesellschaftsroman, Aleppo, Liebe, Kommissar, Syrien, Aberglaube, Wunderheiler, Mafia, Damaskus, Italiener, Mord, Freundschaft, Kriminalroman, Religion
ISBN: 9783446264939
Herausgeber: Carl Hanser Verlag
veröffentlicht: 2019-09-09T16:00:00+00:00


21.

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Das Chaos

Der Tag begann schlecht. Barudi wurde vom Klingeln seines Handys geweckt. »Hast du von dem Bekennerschreiben gehört?«, schnauzte ihm Major Suleiman mit übernächtigter Stimme ins Ohr. Noch bevor Barudi antworten konnte, fuhr sein Chef wütend fort: »Das ist eine große Scheiße. Ich erreiche niemanden, der mir sagt, wer dieses Schreiben zur Veröffentlichung freigegeben hat. Der Polizeipräsident jammert, als hätte er Zahnschmerzen, und der Innenminister lässt sich verleugnen, dabei weiß ich, dass er in seinem Büro ist.«

»Ich habe es erst kurz vor Mitternacht erfahren«, erwiderte Barudi gequält. »Und ich wollte dich nicht stören, weil wir ohnehin nichts tun können. Ich komme sofort ins Büro. Wo bist du gerade?«

»Wo soll ich denn sein?«, erwiderte Suleiman harsch. »An der Riviera oder in Sankt Moritz vielleicht? Ich bin seit halb sieben hier im Büro.«

»Ich bin gleich da, lass uns Kaffee in dein Büro bringen«, bat Barudi.

»Sieh zu, dass die Meute der Journalisten dich am Leben lässt. Sie belagern uns, stehen unten vor dem Eingang wie Demonstranten«, sagte Major Suleiman immer noch in heller Aufregung.

»Mach dir keine Sorgen um mich. Ich werde die Halunken schon los«, erwiderte Barudi und wusste, dass er damit den Mund ziemlich voll nahm.

Als Barudi das Amt erreichte, sah er, dass Major Suleiman untertrieben hatte. Der Eingang war von mindestens sechzig Journalisten umlagert. Barudi, der jeden Morgen zu Fuß ins Büro kam, ging langsam auf die Menge zu. Doch noch bevor er die Stufen erreicht hatte, schloss sich die Meute um ihn. »Lasst mich die Treppe doch vollends hinaufgehen und zu euch allen sprechen«, forderte er listig.

Dezent nickte er seinem Lieblingsjournalisten Jusuf Schalasch zu. Dieser war einmal Mönch gewesen. Als er sich in eine Frau verliebte, verließ er den Orden und wurde Journalist. Barudi scherzte oft mit ihm. Sie kannten sich seit dreißig Jahren, und Barudi gönnte diesem bescheidenen Mann manchmal einen kleinen Vorsprung. Aber an diesem Tag war nichts zu machen.

Er drängte sich weiter durch die Journalisten, bis er vor einem Klumpen bunter Mikrophone stand. Von hier aus warf einen Blick auf die gläserne Eingangstür. Zwei große Schritte und ein beleibter Journalist trennten ihn von ihr. Er würde es schaffen, dachte er und hob die Hand, um dem Stimmengewirr ein Ende zu bereiten. Die Fragen der Journalisten prasselten auf ihn ein.

»Hat die Polizei irgendwelche Anhaltspunkte, was die Mörder angeht?«

»Warum dieses Versteckspiel?«

»Fühlt sich die Polizei denn dem Volk gegenüber nicht mehr verantwortlich?«

»Wer ist diese Gruppe?«

»Sind es Salafisten? Nationalisten?«

Und dergleichen mehr.

»Verehrte Journalisten, die Ergebnisse unserer bisherigen Untersuchungen, die Indizien und Vermutungen reichen für eine klare Stellungnahme noch nicht aus. Zu dem Bekennerschreiben liegen uns noch keine weiteren Details vor. Davon habe auch ich nur aus dem Fernsehen erfahren. Ich gebe Ihnen einen Tipp — der Innenminister muss es gewusst haben … Verlieren Sie keine Zeit, hier kann Ihnen niemand mehr zu dieser Veröffentlichung sagen.«

Ein Tumult brach aus. Manche Journalisten beschimpften den Innenminister, andere mahnten, die Nerven nicht zu verlieren. Genau dieses Chaos nutzte Barudi, um die Tür zu erreichen. Die beiden Türsteher sorgten dafür, dass keiner der Journalisten ins Gebäude gelangte.

In seinem Büro legte Barudi Mantel und Tasche ab und rief seinen Chef an.



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