095 by Der Puppenspieler (Teil 1 von 2)
Autor:Der Puppenspieler (Teil 1 von 2) [Puppenspieler, Der]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-11-21T17:52:58+00:00
*
Mikes Laune sank im selben Grade, in dem die Gegend, durch die sie fuhren, schäbiger wurde. Sie hatten die Hauptstraße schon bald verlassen und sich nach Osten gewandt, weg von der City mit ihrem pulsierenden Leben und ihren Lichtern und tiefer in die Gebiete der Stadt hinein, die in keinem Fremdenverkehrsprospekt zu finden waren. Die Häuser waren hier niedriger und älter, und nach einer Weile befanden sie sich in einem reinen Industrieviertel, in dem niemand mehr wohnte und allenfalls noch ein verschlafener Nacht-wächter auf seinem Rundgang Notiz von den beiden teuren Luxus-wagen nahm.
»Irgendwie paßt die Gegend zu Herleth«, murrte Mike. »Jedenfalls besser als sein supervornehmes Kaufhaus.«
Damona seufzte. »Tu mir bitte einen Gefallen und laß dir nicht all-zudeutlich anmerken, wie wenig du ihn magst«, sagte sie flehend.
»Schließlich hat dir der Mann nichts getan.«
»Das ist noch kein Grund, freundlich zu ihm zu sein«, meinte Mike. »Wo kämen wir hin, wenn ich gleich jeden der mir nichts getan hat, lieben müßte? Da hätte ich viel zu tun.«
Damona kapitulierte endgültig. Natürlich würde Mike sich zu-sammenreißen, dessen war sie sich sicher. Aber es hatte absolut keinen Sinn, jetzt mit ihm zu diskutieren. Sie konzentrierte sich darauf, den Ford nicht aus den Augen zu verlieren, schaltete in einen niedri-geren Gang und tippte kurz aufs Gaspedal, um den Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen zu verringern. Allmählich begann sie, Herleth zu verstehen. Die Straßen waren so gut wie überhaupt nicht beleuchtet und unglaublich verwinkelt – ein wahres Labyrinth, in dem sie sich nie und nimmer wiederfinden würden, wenn sie sich einmal verlören.
Sie fuhren fast fünf Meilen weit nach Osten, ehe Herleth endlich in eine schmale Seitenstraße einbog und vor einem hohen, fensterlosen Backsteinhaus anhielt. Damona parkte den Porsche dicht hinter Herleths Wagen, musterte ihre Umgebung mißtrauisch und unterdrück-te ein Schaudern. Irgendwie hatten diese verlassenen Straßen und Häuser immer etwas Unheimliches, aber hier war dieser Eindruck besonders deutlich.
Sie stieg aus, schloß ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit die Wagentür sorgfältig ab und ging langsam zu Herleth hinüber, der mittlerweile ebenfalls aus seinem Wagen gestiegen war und – die Hände tief in den Manteltaschen vergraben und den Kragen zum Schutz vor der Kälte hochgeschlagen – auf sie wartete.
»Sie müssen die unwirtliche Gegend entschuldigen«, sagte er, als er Mikes Gesichtsausdruck bemerkte. »Aber mein Partner baut sein Geschäft gerade erst auf und kann sich im Augenblick nichts Besseres leisten. Aber vielleicht ändert sich das ja bald«, fügte er mit einem flüchtigen Lächeln hinzu.
»Aha«, murmelte Mike so laut, daß Herleth die Worte gerade noch verstehen konnte, ohne sich aber sicher sein zu können, ob er sie auch verstehen sollte, »jetzt geht’s los.«
Herleth schien für einen Moment verwirrt. Aber er sagte nichts, sondern wandte sich wortlos um und ging auf eine schmale, rostzerfressene Feuerschutztür zu, die ins Innere des Gebäudes führte. Ein Schlüssel klirrte, dann schwang die Tür quietschend nach innen.
Herleth tastete einen Moment an der Wand entlang. Ein Lichtschalter knackte, und unter der hohen Decke der Halle flammte eine ganze Batterie von Neonleuchten auf.
»Das ist Ihr Atelier?« fragte Mike zweifelnd, als er hinter Damona das Haus betreten hatte.
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