Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition) by Duncker Maximo

Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition) by Duncker Maximo

Autor:Duncker, Maximo [Duncker, Maximo]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
Herausgeber: Random House DE
veröffentlicht: 2012-11-18T23:00:00+00:00


Ankunft der Blagen

Die Beisetzung der Pfarrersfrau, die ihren schweren Verbrennungen erlegen war, fand nur wenige Tage später auf dem kleinen Friedhof von Vieracker statt, am Sonnabendmorgen. Bruno hatte gefragt, ob er mitkäme, aber Kai, der nicht wusste, was er unter den betrübten Altwassmuthern verloren hatte, von denen er annahm, dass sie um ihr entgangenes Sommerfest mindestens so sehr trauerten wie um Frau Pagel, verweigerte seine Zusage.

»Wissen Sie, Bruno, meine Kinder kommen am Nachmittag, und da will ich das Haus noch ein wenig auf Vordermann bringen.«

»Hätten Se doch wat jesagt, Mensch. Hätt ick Ihnen do’ helfen können. Mit dem Grill und so. Wie komm Se denn zum Bahnhof?«

Kai, der auf diese Frage gehofft hatte, gab sich ratlos: »Tja, mit dem Bus vielleicht?«

»Janz schlecht am Sonnabend.«

»Taxi?«

»Ach wissen Se wat: Sie sagen mir, wann’s losjeht, und ick bin mit’m Wagen zur Stelle.«

So geschah es dann auch. Und als Kai auf dem Beifahrersitz Richtung Kreisstadt fuhr, fand er mit einem Mal die Musik von diesem Zonen-Johnny-Cash, dessen Namen er vergessen hatte, gar nicht mehr so schlimm. Und auch Bruno selbst war ja eigentlich ganz in Ordnung, dufte oder knorke, wie es in Brunos Sprache vermutlich hieß. Er war hilfsbereit und würde, falls es nötig wäre, seine schützende Hand über ihn halten.

Ein wenig gehofft hatte Kai van Harm ja schon, dass Janne und Erik sich weiterentwickelt hätten. Andererseits waren sie offenbar ihm gegenüber nicht feindselig gestimmt, so wie er es sich in seinen schlimmsten Befürchtungen ausgemalt hatte. Es war eigentlich wie immer: Ihnen schien alles egal zu sein.

Sie waren beide ungefähr gleich groß und gleich schlaksig. Die schmalen Jeans, die sie beide kombiniert mit riesigen Turnschuhen trugen, ließen sie noch klappriger erscheinen. Hungerhaken hätte man so etwas früher genannt. Beide trugen sie schwarze T-Shirts von irgendwelchen Bands, die Kai nicht kannte, die aber eine Vorliebe für Totenköpfe und grässliche verzerrte Fratzen zu haben schienen. Ihre halblangen, blonden Haare ließen sie tief in ihre Gesichter hängen, und wenn Kai die Augen zusammenkniff, hatte er Schwierigkeiten zu sagen, wer von beiden Janne war und wer Erik. Für seinen Geschmack sah Janne eine Spur zu männlich aus und Erik einen Tick zu weiblich. Was er aber niemals laut moniert hätte, denn er wollte vor ihnen nicht als der reaktionäre Idiot dastehen, für den sie ihn wahrscheinlich sowieso hielten.

Die Begrüßung auf dem Bahnsteig war kurz und schmerzlos. Die Kinder wunderten sich nicht einmal über Bruno, der bei aller aufkommenden Sympathie trotzdem heute aussah, wie sich der Großstädter den prototypischen Hinterwäldler vorstellte: ausgelatschte Sandalen zu gemusterten Socken, eine zeitlose Synthetikhose, in deren Bund ein kurzärmliges, grob gewürfeltes rot-weißes Hemd gestopft war. Auf dem Kopf saß ihm statt der normalen Schiebermütze ein kleiner Strohhut, zum Schutz vor der Sonne. Kai fragte sich, ob Bruno in dieser Aufmachung bei Frau Pagels Begräbnis am Morgen aufgekreuzt war oder ob er sich in einen schwarzen Anzug gezwängt hatte. Er konnte sich das eine so gut wie das andere nicht vorstellen.

Bruno wiederum schien sich nicht am Äußeren der Kinder zu stören, die sich angesichts von Brunos japanischem Patchwork-Automobil nun doch kurz ansahen und die Nasen rümpften.



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