Wer die Lilie traeumt by Maggie Stiefvater

Wer die Lilie traeumt by Maggie Stiefvater

Autor:Maggie Stiefvater
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Tags: Paranormal
ISBN: 9783732002115
Herausgeber: Script5
veröffentlicht: 2014-09-14T22:00:00+00:00


28

Guten Abend, ›König der Schwerter‹.«

»Guten Abend, schärfste aller Klingen. Haben Sie die Karten befragt, bevor ich gekommen bin? Damit sie Ihnen sagen, wie es ausgehen wird?«, fragte der graue Mann, während er mit Maura auf das champagnerfarbene Scheusal zuschlenderte. Er hatte geduscht, bevor er aufgebrochen war, den charakteristischen Dreitagebart an seinem Kinn hatte er jedoch stehen lassen. Er wusste, dass er gut aussah, auch wenn Maura nichts dazu sagte.

»Haben Sie noch schnell jemanden getötet, bevor Sie hergekommen sind?« Maura hatte ihre üblichen abgewetzten Jeans gegen ein nicht ganz so abgewetztes Paar ausgetauscht und trug dazu ein schulterfreies Baumwolloberteil, das die harmonische Beziehung zwischen ihrem Schlüsselbein und ihrem Hals betonte. Sie sah gut aus, auch wenn der graue Mann nichts dazu sagte.

Doch sie wussten beide, dass der jeweils andere es bemerkt hatte.

»Natürlich nicht. Ich glaube, ich töte nicht annährend so viele Menschen, wie Sie denken«, sagte er und hielt ihr die Beifahrertür auf. »Wissen Sie was? Ich habe Sie bis eben noch nie mit Schuhen an den Füßen gesehen. Hey – was soll das denn jetzt?«

Maura drehte sich um. Hinter dem Mietwagen des grauen Mannes war plötzlich ein kleiner alter Ford herangefahren gekommen. »Ach, das ist nur Calla. Sie folgt uns zum Restaurant, um sicherzugehen, dass Sie mich wirklich zum Essen ausführen und nicht irgendwo im Wald verscharren.«

»Das ist doch lächerlich«, erwiderte der graue Mann. »Ich habe noch nie jemanden verscharrt.«

Calla winkte kurz und ungeduldig. Ihre Finger umklammerten das Lenkrad wie Klauen.

»Sie mag Sie«, sagte Maura. »Darüber sollten Sie froh sein. Es ist besser, Sie zur Freundin zu haben.«

Der alte Ford folgte ihnen bis zum Restaurant und blieb so lange am Bordstein stehen, bis der graue Mann und Maura an einem Tisch unter einem mit Geißblatt bewachsenen und einer Lichterkette dekorierten Spalier Platz genommen hatten. Ventilatoren in den Ecken hielten die feuchte Luft in Schach.

Maura sagte: »Ich werde für Sie bestellen.«

Sie wartete kurz ab, ob er widersprechen würde, doch er sagte bloß: »Ich bin allergisch gegen Erdbeeren.«

»Das gilt für sechs Prozent der Bevölkerung.«

»Jetzt weiß ich auch, woher Ihre Tochter das hat«, bemerkte er.

Sie strahlte ihn an. Sie hatte eins dieser liebenswerten, offenen, perfekten Lächeln, die aufrichtig glücklich wirkten. Wunderschön. Der graue Mann dachte: »Das hier ist die unklügste Entscheidung, die ich je getroffen habe.«

Sie bestellte für sie beide. Keiner von ihnen trank Wein. Die Vorspeise war köstlich, nicht, weil die Küche in diesem Restaurant so gut war, sondern weil einfach alles, was man in Erwartung eines Kusses aß, köstlich schmeckte.

Der graue Mann fragte: »Wie ist das so, wenn man hellsehen kann?«

»Das ist eine ungewöhnliche Frage.«

»Ich meine, wie viel können Sie sehen und wie deutlich? Wussten Sie zum Beispiel, dass ich Ihnen diese Frage stellen würde? Wissen Sie, was ich gerade denke?«

Mauras Lächeln wurde verschmitzt. »Es ist wie ein Traum oder eine Erinnerung, nur eben vorwärts gerichtet. Das meiste ist ziemlich verschwommen, aber manchmal sehen wir einzelne Ereignisse sehr scharf. Und das muss nicht immer die Zukunft sein. Oft erzählen wir den Leuten, die zu einer Sitzung kommen, Dinge, die sie schon längst wussten.



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