Wenn du noch rennst, fahr ich schon längst! by Bolschewski Gerhard

Wenn du noch rennst, fahr ich schon längst! by Bolschewski Gerhard

Autor:Bolschewski, Gerhard [Bolschewski, Gerhard]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: d-Heyne TB
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


12. Der Betonmischer

Es hatte sich herumgesprochen, dass ich die Sache mit dem Schulausflug ganz gut über die Bühne gebracht hatte. Zumindest in Ediths Familie. Ihr Bruder war beim Katastrophenschutz, und irgendwie ahnte ich schon, dass die Sache nicht gut ausgehen würde, als Edith morgens in die Umkleide kam, wo ich gerade meine Krawatte anlegte.

»Du, Gerd …«, sagte sie.

»Wofür hat der Peter dieses Mal nicht gelernt, und wo geht die Reise hin?«, fragte ich und grinste.

Sie lachte. »Nee, nee, es geht nicht um den Peter.« Sie erklärte mir, dass der Katastrophenschutz einen Ausflug plante, um die Anschaffung eines neuen Busses zu feiern, der ihnen bewilligt worden war. Der Ausflug sollte in ebendiesem Bus stattfinden. Zwar gäbe es einige Mitglieder, die als Fahrer in Frage kämen, aber niemand wollte an diesem Tag nüchtern bleiben, und da habe ihr Bruder sie gebeten, doch mal bei mir anzufragen, ob ich das für einen kleinen Obulus übernehmen könnte, wo sein Neffe doch so begeistert von Busfahrer Gerd geschwärmt hatte. Edith setzte dabei diesen Blick auf, der bei mir einfach auf keinen Widerstand stieß. Ich glaube nicht, dass sie das extra machte, so eine ist Edith nicht. Edith ist ein ehrlicher Mensch, und das schätze ich an ihr besonders. Ich mache ja immer bei den Preisausschreiben mit, bei denen man zum Beispiel Reisen gewinnen kann. Da heißt es ja immer: »Für Sie und eine Begleitperson Ihrer Wahl«. Kein Zweifel: Wenn ich irgendwann eine Kreuzfahrt gewinne, oder auch nur eine Busreise in den Harz, ich würde Edith mitnehmen.

Ich sagte ihr, ich würde mir die Sache überlegen, was sie zu einem kleinen Luftsprung animierte. »Wusste ich’s doch, dass man sich auf dich verlassen kann«, flötete sie und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Ich errötete. Nun musste ich wohl fahren.

Katastrophenschutz. Die Jungs kann man natürlich mit gar nichts schocken. Erdbeben. Flutkatastrophen. Unwetter. Kennen die alles. Schreckliche Bilder. Verschüttete Menschen. Entstellte Leichen. Dann kommen sie mit ihren Hubschraubern an, bewahren die Ruhe und sorgen innerhalb von ein paar Tagen für Ordnung. Nur auf ihrem Betriebsausflug, da machten sie genau das Gegenteil. Vielleicht brauchten sie das ja als eine Art Ventil, als Ausgleich zu ihrem verantwortungsvollen Job.

Wir waren gerade eine Dreiviertelstunde unterwegs und waren noch immer auf der Stadtautobahn. Ich spürte von hinten einen leichten Ruck. Bei den Katastrophenschützern brach sofort Panik aus.

Einer rief: »Der hat den Bus berührt!«

Ich sah den Betonmischer noch auf die rechte Spur wechseln, und hinten knieten die aufgebrachten Katastrophenschützer auf der Rückbank und trommelten gegen die Heckscheibe.

Ich dachte noch: Die hätte ich lieber nicht dabei, wenn mal die Erde wackelt. Aber gut, sie waren auch nicht mehr ganz nüchtern.

Betriebsausflug. Hatte ich mir erst mal nicht viel bei gedacht. Kann ja ruhig auch mal etwas lustiger werden. Hab ich gar nichts dagegen, solange es gesittet bleibt. Aber genau das war das Problem.

Fünf Minuten waren rum, da fingen sie hinten an, in Chören meinen Namen zu singen. Erst dachte ich: Na gut, der Name ist ja nicht ganz so selten. Vielleicht heißt einer von denen auch so.



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