Und der Wind bringt den Regen by Malpass Eric

Und der Wind bringt den Regen by Malpass Eric

Autor:Malpass, Eric [Malpass, Eric]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


12

Benbow war auf dem kleinen Sofa eingeschlafen. Aber als er jetzt aufwachte, war er zu weiteren Taten durchaus bereit. Nell fühlte sich nach dem Auftritt mit Oma erschöpft und müde, aber an

Schlaf war nicht zu denken. Sie wollte laufen, rennen, tanzen, bis zum Umfallen. «Wollen wir noch mal zurückgehen, Benbow?» fragte sie. Benbow nickte begeistert. «Dann komm», sagte sie und nahm ihn bei der Hand. Sie gingen zu Fuß, der Festplatz lag nur eine knappe Meile vom Haus entfernt. Benbow trabte neben seiner Mutter her. Sie ging schnell und immer schneller; hart traten ihre Absätze auf die Pflastersteine. Untreu. «Du bist untreu gewesen», hatte Oma gesagt; die Worte hatten sie getroffen wie ein Peitschenschlag. Untreu - wem denn? Dem armen hilflosen Toten? Die Frage der Untreue muß sich wohl jeder stellen, der zum zweitenmal heiratet. Nell hatte sie sich hundertmal gestellt und doch keine Antwort gefunden. Jetzt wußte sie, was andere Menschen darüber dachten. Aber es war nicht wahr - sie liebte Tom! Auch wenn sie in Taffys Armen lag, liebte sie Tom. Der Gedanke an Taffy ließ sie noch schneller gehen. Sie wollte noch einmal mit Taffy tanzen und dann mit ihm nach Hause gehen, zu dem Kerzenlicht und dem rosa Satin, die Tür zumachen und die ganze Welt ausschließen — alle Menschen ausschließen, nur die einsamen Toten nicht.

Noch ein kurzes Stück, dann waren sie an dem hohen schmiedeeisernen Tor des Spielplatzes. Merkwürdig, daß sie die Musik noch nicht hörten. Auch die Lichter müßten schon zu sehen sein - die hellen Lichter, die das andere Bild auslöschen sollten, das stickig-dumpfe Schlafzimmer mit der alten Frau, tückisch noch in der Niederlage, wie eine verkrüppelte Wespe.

Keine Lichter. Und das Tor war geschlossen. Ein Parkwächter legte gerade Schloß und Kette vor.

«Können wir nicht mehr rein?» fragte sie hilflos.

Er blickte nicht einmal auf. «Morgen früh um neun können Sie wieder rein.»

«Wie spät ist es denn?» Den Luxus einer Uhr hatte Nell nie gekannt.

«Kurz nach elf.»

«Ist es denn schon aus?» fragte sie kläglich.

«Wir sind hier nicht in London», sagte er streng. «Hier achten die Leute noch darauf, daß sie zu einer christlichen Zeit ins Bett kommen.»

Sie gingen. Vor einer Stunde noch war die Nacht hell und fröhlich gewesen; jetzt stand ein alter Mann da und verschloß die Tür zum Himmelreich. Vier bittere Jahre waren zu Ende, ein starker Feind war besiegt, der ewige Friede war angebrochen — Grund genug zum ausgelassenen Feiern. Bis Punkt elf Uhr. Für den englischen Bürger genügte das.



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