14 - Roman by Carl Hanser Verlag

14 - Roman by Carl Hanser Verlag

Autor:Carl Hanser Verlag
Die sprache: deu
Format: epub, mobi, azw3
Herausgeber: Carl Hanser Verlag
veröffentlicht: 2013-02-14T05:00:00+00:00


10

Und in der Tat gewöhnte Anthime sich. Abgesehen davon, wenn er sich nicht gewöhnt, sondern Probleme damit gehabt hätte, die Dinge zu ertragen, und das hätte mitteilen wollen, so war es dank Briefzensur nicht eben leicht, derlei Klagen loszuwerden. Ja, Anthime fügte sich eher schnell in die tägliche Routine von Putzen, Schanzarbeiten, Aufladen und Transport des Materials, Aufenthalten im Schützengraben, nächtlichen Ablösungen und Ruhetagen. Welche übrigens nur dem Namen nach Ruhetage waren und eigentlich in Exerzieren, Unterrichtung, Manövern bestanden, in Typhusimpfungen, Duschen, wenn alles gutging, Paraden, Waffenappellen und Zeremonien – Überreichung der ein halbes Jahr zuvor rasch erfundenen Auszeichnung »Croix de Guerre« oder zum Beispiel an einem der letzten Tage Belobigung eines Kompaniefeldwebels ihres Zuges für seine Zuverlässigkeit an der Front trotz seines Rheumas. Anthime gewöhnte sich ebenfalls an die Stellungswechsel, an die Uniformwechsel und vor allem an die anderen.

Die anderen, das waren im Wesentlichen, wenn auch nicht nur, Bauern, Landarbeiter, Handwerker oder Lohnarbeiter, eine eher proletarische Versammlung, innerhalb deren diejenigen, die lesen, schreiben und rechnen konnten wie Anthime Sèze, nicht in der Mehrheit waren, doch so konnten sie die Briefe für ihre Kameraden verfassen und ihnen die vorlesen, die sie erhalten hatten. Die Neuigkeiten wurden dann an diejenigen, die sie wissen wollten, weitergegeben, was Anthime unterließ, als er von Charles’ Tod erfuhr, den er nur Bossis, Arcenel und Padioleau anvertraute – diesen vier gelang es übrigens trotz aller Truppenbewegungen mehr oder weniger, dass sie nie allzu weit voneinander entfernt waren.

Was den Uniformwechsel angeht, so erhielten sie im Frühling neue hellblaue Kapuzenmäntel zugeteilt, sehr kleidsam in der wiedergekehrten Sonne, während die allzu auffällige rote Hose ihrerseits so gut wie verschwunden war, sei es, dass man sich eine blaue Arbeitshose darüberzog, sei es, dass sie durch eine Cordhose ersetzt wurde. In Sachen Defensivausrüstung hatten sie zunächst Hirnpfannen erhalten, Metallschalen, die unter dem Käppi zu tragen waren, wo sie den Schädel eng umschlossen, einige Wochen später, im Mai – ein Indiz für unerfreuliche technische Neuerungen –, wurden, während man auf einer Wiese biwakierte, individuell anzupassende Utensilien verteilt, Gasschutzkissen und Glimmer-Schutzbrillen, zum Schutz vor Kampfgasen.

Die Hirnpfanne war unbequem zu tragen, sie verrutschte die ganze Zeit, gar nicht zu reden von dem von ihr verursachten Kopfschmerz, und so erlebte sie keinen ungeteilten Erfolg: Man vergaß immer häufiger, sie zu tragen, und benutzte sie bald ausschließlich zu kulinarischen Zwecken, briet sich ein Ei darin oder verwendete sie als behelfsmäßigen Suppenteller. Anfang September dann, nach den Ardennen und der Somme, als Anthimes Kompanie sich Richtung Champagne bewegte, wurde diese Schale durch einen Helm ersetzt, dem man eine seriösere Wirkung zutraute, dessen erste Modelle jedoch funkelnd blau gestrichen waren. Als man sie erstmals aufsetzte, amüsierte man sich noch herzlich darüber, dass niemand wiederzuerkennen war, so sehr bedeckten sie das Gesicht. Als niemand mehr darüber lachte und sich erwies, dass die Sonne von den Helmen reflektiert wurde, was sie zu attraktiven Zielscheiben machte, schmierte man sie mit Dreck ein wie im Jahr zuvor die Essgeschirre. Ganz ungeachtet der Farbe dieser Helme war man nicht unzufrieden, sie während der Herbstoffensive auf dem Kopf zu haben.



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