Time for change by Yanis Varoufakis

Time for change by Yanis Varoufakis

Autor:Yanis Varoufakis [Varoufakis, Yanis]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Hanser
veröffentlicht: 2015-07-26T16:00:00+00:00


Gewinnkrisen: Der Widerstand der menschlichen Marktgesellschaften gegen die Matrix

Im vorigen Kapitel habe ich über die Zeitgrenze gesprochen und darüber, wie die Banker sie überschreiten und einen Wert aus der Zukunft in die Gegenwart transferieren, also große Schulden schaffen, die die Voraussetzung für die Erzeugung großer Überschüsse, höchster Technologie, ungeheuren Reichtums und gewaltiger Ungleichheiten in den Marktgesellschaften bilden und mit Sicherheit auch zu den unvermeidlichen Krisen führen, denn die Banker haben jeden Anlass, es zu übertreiben – also immer größere Werte aus der Zukunft zu ziehen, die die Gegenwart von einem bestimmten Zeitpunkt an nicht mehr abbezahlen kann.

Wir haben dort neben der Hybris der Banker, auf die die Nemesis eines Crashs folgt, noch einen zweiten Grund für die Krisen entdeckt, nämlich die Tendenz der Unternehmen, den Produktionsvorgang zu mechanisieren – was den Marktgesellschaften erst einmal einen imposanten Aufschwung beschert. Wenn der Leiter des Unternehmens versucht, die Kosten zu senken und die Produktion zu steigern und zu diesem Zweck (im 19. Jahrhundert) eine neue Dampfmaschine bestellt oder (heute) ein neues Robotersystem, setzt er unwillkürlich eine positive Kettenreaktion in Gang.

Die Firma, die die Maschinen produziert, stellt neue Arbeiter ein, um den Auftrag auszuführen. Diese erhalten ein Einkommen, mit dem sie Wohnungen und Autos kaufen, in Restaurants gehen und so weiter. Die Arbeitnehmer, Autofabriken und Restaurants sehen, wie ihr Einkommen steigt. Und so weiter und so fort. Selbst wenn der technische Fortschritt die Vernichtung von Arbeitsstellen zur Folge hatte, wie zum Beispiel, als die Autos die Pferde ersetzten (und die Arbeit von Hufschmieden, Stallbesitzern und Wagenmachern wegfallen ließen), führte er zu wesentlich mehr neuen Stellen in anderen Arbeitssektoren (Straßenbau, Tankstellen, Autofabriken). Ein positiver Kreislauf, der durch die Kombination von konkurrierenden Unternehmen und technischer Entwicklung geschürt wird und neue, grandiose Maschinen kreiert.

Aber gleichzeitig mit dem Wachstum des positiven Kreislaufs hat sich schon der Keim der Krise einzunisten begonnen. Sobald die vom menschlichen Geist geschaffenen maschinellen Sklaven die von uns benötigten Dinge produzieren und zugleich auch mehr Stellen für die arbeitenden Menschen entstehen lassen, beginnt das Gespenst der Krise unmerklich über den Köpfen unserer Gesellschaften zu schweben. Denn siehst du, die allmähliche Mechanisierung des Produktionsprozesses bringt sie immer näher an einen Zustand wie in Matrix, wo die Maschinen Produkte herstellen, aber auch andere Maschinen. Von sich aus, ohne dass sie dazu die Menschen brauchten.

Und was haben wir zur »Ökonomie« in Matrix gesagt? Dass sie unglaubliche Produkte herstellen, wunderbare Städte errichten, aber eine Sache nicht erschaffen kann: Tauschwert. Je stärker die Produktion mechanisiert wird, je mehr sie sich also an die Maschinengesellschaft von Matrix annähert, desto mehr tendieren die Tauschwerte gegen null. Das ist auch der Grund, warum der iPod, den du dieses Jahr bekommen hast, so viel billiger war als der erste, den ich dir vor fünf Jahren am Flughafen von Singapur gekauft hatte. Er ist mit einem wesentlich geringeren Anteil an menschlicher Arbeitskraft von Robotern angefertigt worden.

Je mehr die Mechanisierung der Produktion die Tauschwerte reduziert, desto stärker fallen die Preise und schrumpfen die Gewinne der Unternehmer pro Produktionseinheit – pro iPod. Irgendwann sieht das schwächste Unternehmen die Gewinne ins Minus driften und kann die Schulden nicht mehr bedienen.



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