Sucht nach Leben - Geschichten von unterwegs by Altmann Andreas

Sucht nach Leben - Geschichten von unterwegs by Altmann Andreas

Autor:Altmann, Andreas [Altmann, Andreas]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Dumont
veröffentlicht: 2013-12-09T16:00:00+00:00


EIN MÄNNERHIRN BEI ANNÄHERUNG EINES FRAUENKÖRPERS

Das Männerhirn als Autofokus-Kamera, in Bruchteilen von Sekunden vom Input zum Output. Allzeit bereit. Die Eitelkeit ruft, die Sehnsucht, das gefräßige Verlangen, nichts auszulassen. In rasender Geschwindigkeit wird das Objekt abgetastet und belichtet. Sofortentwicklung, Soforturteil: ja oder nein.

Unser Kopf als Gigabyte-Festplatte, die jedes Mal wieder die Maße einer Frau speichert. Und auswertet. Momente zerebraler Schwerstarbeit, denn in Höchstgeschwindigkeit muss ein Ergebnis vorliegen. Die Frau als Lieblingsobjekt eines rastlosen Männerhirns, das wie der Pawlow’sche Hund darauf hofft, dass nach dem Klingelzeichen die Haut zum Vorschein kommt, sprich, der bloße Anblick einer Frau in ein seliges Abenteuer ausartet.

Doch jetzt hagelt es Frustbeulen. Denn meist gehen wir stillschweigend an unseren Träumen vorbei. Von Lossprudeln keine Rede. Wer will sich schon verwunden im ganz konkreten Leben? Träume träumt man. Sie ausbreiten in der Wirklichkeit? Ach, wir Dünnmänner, wir Vollkasko-Athleten.

Stopp: Das hier ist kein Plädoyer für den zügellosen Lümmel, der mit Vollgas in die nächste Frau fährt. Tapsige Grapscher, lieber nicht. Was freilich bedenklich stimmt, ist diese Nachlässigkeit im Umgang mit unseren Sehnsüchten, von denen wir so kleinlaut Abschied nehmen. Wir werden wohl vergehen an einer Überdosis Illusionen, erledigt von (virtuellen) Frauen, die unsere Köpfe bevölkern und dort oben – unnahbar – liegen bleiben. Als schönes Sperrgut. Uff, unser armer Leib, längst totbeschwichtigt von unserem geschwätzigen Hirn.

Dabei gäbe es ein alle Glieder stärkendes Gegenmittel. Damit endlich das tatsächliche Leben anfängt. Hemingway hat es einmal erwähnt, als er davon sprach, dass es wohl besser sei, eine begehrenswerte Frau anzusprechen und von ihr in die Wüste geschickt zu werden, als stumm und blöd hinter ihr herzuglotzen. Die Erfahrung einer »Niederlage« sei schonender als das ins Fleisch schneidende Eingeständnis der eigenen Feigheit.

Hey, das alles muss nicht sein, das Stummsein, Blödsein, Feigsein. Weil die Frau ja oft zusagt. Nicht alles, aber einen Anfang in Aussicht stellt, eine Möglichkeit, eine Ahnung. Vorausgesetzt, dass der Mensch, der ihr gegenübersteht, über Charme und Leichtigkeit verfügt, über die Gabe des Kopfverdrehens, des Herzverdrehens.

Haben wir das einmal begriffen, wird unser Männerleben viel sinnlicher. Unsere zum Absterben verurteilten Kopfgeburten hörten auf und das Herzklopfen käme zurück. Zuletzt und allerwichtigst, aus einem Frauenkörper würde wieder ein kompletter Mensch. Wie gut das täte, gerade den Frauen: entspannte, witzige Männer, nicht auszudenken.



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