Schweigenetz by Kai Meyer

Schweigenetz by Kai Meyer

Autor:Kai Meyer [Meyer, Kai]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
veröffentlicht: 2011-12-22T23:00:00+00:00


Das Krankenhaus lag am Ostrand der Stadt, trotzdem nahm Carsten die erste Autobahnabfahrt und landete im Westen Leipzigs. Von dort aus fuhr er direkt zum Hauptbahnhof. Er fädelte sich in die Abbiegespur zur Güterabfertigung ein, stellte den Wagen am Hintereingang des riesigen Bahnhofsgebäudes ab und betrat die Halle. Er glaubte immer noch nicht wirklich, dass jemand ihm folgte. Trotzdem schadete es nicht, vorsichtig zu sein.

Die Bahnhofshalle war voller Menschen, ein wogendes Auf und Ab von Köpfen und Koffern und Taschen. Betont ruhig ließ er sich vom Strom der Reisenden zum Haupteingang tragen. Das Gewühl spuckte ihn hinaus auf den Vorplatz. Er würde sich beeilen müssen. Mit schnellen Schritten lief er hinüber zum Taxistand, sprang in den ersten Wagen und nannte den Namen des Krankenhauses. Mit dem Versprechen eines großzügigen Trinkgeldes trieb er den Fahrer zur Eile. Erfreut über die Abwechslung trat der junge Mann aufs Gas.

Michaelis würde seine Verfolger – immer unter der Voraussetzung, es gab welche – in Tiefental stationiert haben. Demnach waren sie ihm von dort nach Leipzig gefolgt. Sein Halt am Güterbahnhof und der Weg durch die Halle sollten sie aus ihrem Wagen locken. Ehe er mit dem Taxi verschwunden war, würden sie nicht zurück zum Auto laufen können. Wenn sie ihn nicht verlieren wollten, war ihre einzige Möglichkeit, ebenfalls ein Taxi zu nehmen. Würde er auf seinem weiteren Weg eines hinter sich entdecken, hätte er zumindest die Gewissheit, dass sie seine Spur verfolgten.

Aber es gab kein zweites Taxi und keine Verfolgungsjagd. Ungehindert erreichten sie das Krankenhaus, und auch nachdem er ausgestiegen war und den Fahrer bezahlt hatte, traf kein weiterer Wagen ein. Das konnte bedeuten, dass sie ihn verloren hatten, oder auch, dass es sie niemals gegeben hatte.

Er betrat das Gebäude und erkundigte sich nach dem Zimmer von Simone Gregor. Er habe großes Glück, meinte der Junge hinter der Rezeption, sie sei erst heute Morgen von der Intensivstation überstellt worden. Er nannte Carsten Nummer und Etage und deutete höflich auf die Aufzüge am anderen Ende der Eingangshalle.

Während Carsten die Halle durchquerte, erinnerte er sich an das, was ihm die junge Frau am Telefon über den Unfall erzählt hatte. Irgendwer hatte kaltblütig versucht, die Journalistin zu ermorden, das war offensichtlich.

Er war so in Gedanken versunken, dass er um sich herum nichts und niemanden wahrnahm. Auch nicht die rotmähnige Schönheit, deren Blicke ihn verfolgten, bis sich die Lifttüren hinter ihm schlossen.



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