Sag niemals noi - Roman by Juergen Seibold

Sag niemals noi - Roman by Juergen Seibold

Autor:Juergen Seibold [Seibold, Juergen]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Silberburg-Verlag
veröffentlicht: 2015-09-11T16:00:00+00:00


Mir ging es gut bei Franzi, und weil ich ihr glaubte, dass eh jeder im Haus über sie Bescheid wusste, hatte ich auch keine Angst, dass Lara meinen vorübergehenden Einzug in der Nachbarwohnung irgendwie falsch verstehen konnte. Da Franzi durch ihre Erbschaft finanziell sorgenfrei war und sie gerade wieder über ein neues Geschäftsmodell für ihre berufliche Selbstständigkeit nachdachte, war sie die meiste Zeit des Tages daheim. Ich ging ab und zu in die Stadt, hörte mich nach offenen Stellen um und führte ein, zwei Bewerbungsgespräche – aber es ergab sich daraus nichts Konkretes. Ansonsten hielt ich mich stundenlang in meinem Videokeller auf, aus dem mich Lara zum Glück nicht auch noch geworfen hatte, und arbeitete an »Sag niemals noi« – allerdings achtete ich darauf, dass mich keine weiblichen Synchronsprecherinnen mehr besuchten. Ich wusste ja nicht, ob irgendwann Lara wieder in der Tür stand und sich mir eine Gelegenheit zur Versöhnung bot.

Eines Abends gegen halb sieben kam Franzi aus der Küche. Sie hatte kurz nach dem Mittagessen ein Schild »Betreten verboten« an die Küchentür gehängt, mit dem sie abwechselnd mal ihr Schlafzimmer (das ich aber natürlich ohnehin nie betrat), die Küche oder das Bad zu ihrem privaten Labor machte, wie sie das nannte. Dann tüftelte sie dort an irgendetwas herum, das sie mir normalerweise hinterher nicht verriet. Diesmal aber war sie wohl mit dem Ergebnis ihrer Experimente zufrieden, und sie kam – wie gesagt – gegen halb sieben ganz aufgeregt ins Wohnzimmer herüber.

Ich lag auf der Couch und sah mir eine Folge der »Simpsons« an. Ich hatte die Serie nie gemocht, bis mir Jobst ein Buch empfohlen hatte, das sich mit mathematischen Rätseln befasste, die von den Autoren in den Episoden versteckt wurden. Ich schaute Homer, Marge und den anderen nun schon seit einigen Tagen fleißig dabei zu, wie sie sich in Springfield unmöglich machten, und tatsächlich hatte ich schon einige Mathegags entdeckt.

»Jetzt mach diesen Kram mal aus«, begann sie, »und schau, was ich hier habe.«

Seit kurz nach sechs hatte ich gelben Strichmännchen ins Gesicht geschaut, nun hatte ich einen Tiegel vor der Nase, in dem sich eine offenbar glibbrige, dünn grün schimmernde Substanz befand. Sie hatte noch einen zweiten Tiegel in der anderen Hand, der fast bis unter den Rand mit einem farblosen Schleim gefüllt war.

»Okay – und was ist das?«

»Aloe-Vera-Gel«, sagte Franzi und strahlte dazu, als habe sie gerade Graf Yosters Katzenstreu in Gold verwandelt.

»Schön«, log ich. Das Zeug sah eklig aus, etwa wie ganz besonders ungesunder Waldmeister-Wackelpudding. »Und das hast du heute in der Küche zusammengemischt?«

Sie hob eine Augenbraue, ich hatte meine Frage wohl etwas zu schnoddrig gestellt. Franzi konnte sehr pingelig sein, wenn sie Respekt für etwas erwartete.

»Nein, das Gel hab ich gekauft«, widersprach sie mir, und ich fragte mich, wozu sie sich dann den ganzen Nachmittag in der Küche eingeschlossen hatte. »Ich hab’s nur noch etwas verfeinert. Riech mal.«

Sie hielt mir den Tiegel noch näher vor die Nase. Ich zuckte kurz zurück, weil der vermeintliche Wackelpudding ziemlich herb roch.

»Riechen!«, kommandierte Franzi noch einmal und ich gab mir Mühe.



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