Ressourcenarbeit in der Flüchtlingshilfe by Gisela Perren-Klingler
Autor:Gisela Perren-Klingler
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783662604717
Herausgeber: Springer Berlin Heidelberg
2.5 Assoziative Techniken, Ressourcenarbeit im engeren Sinne
2.5.1 Atmen (s. Übung 15)
Atmen ist ein Lebensprozess, der immer stattfindet. Mittels dem Atmen können sich Menschen in wunderbare Zustände (s. Meditation, Verliebtheit) oder auch in Stress-, Angst- und Panik-Attacken versetzen. D. h. die Befindlichkeit, die Physiologie der Menschen hängt immer essenziell mit der Atmung zusammen. Deswegen kann die Atmung eigentlich immer als erste Ressource betrachtet und benützt werden.
Jeder Mensch, der während einer gewissen Zeit langsam, kontrolliert und gleichmässig atmet, wird dadurch innerlich ruhiger und bekommt einen klareren Kopf. Dies gilt auch für traumatisierte Personen oder solche mit Angst – und Panikzuständen. Eine kontrollierte, „gute“ Atmung hilft nicht nur, eine momentane Übererregung oder den inneren „Stau“ abzulegen und sich somit im Hier und Jetzt besser zurechtzufinden, sondern auch, um sich auf Dauer weniger Flashbacks, Albträume oder Panikattacken zu produzieren und über eine ruhigere Physiologie zu verfügen.
In diesem Zusammenhang gilt es zu betonen, dass die Atmung die einzige Möglichkeit ist, wie man bewusst und ohne Medikamente Einfluss auf die Beruhigung des autonomen, vom Willen unabhängigen, sympathischen und auf die Aktivierung des parasympathischen Nervensystems Einfluss nehmen kann. Durch kontrollierte Atmung wird der Herzschlag beschleunigt oder verlangsamt, man wirkt auf den Hirnstamm ein, von wo der das Herz steuernde Parasympathikus ausgeht. Viele psychosomatische Stress-Zeichen und Schmerzen können so als erstes beruhigt werden und das gibt den Betroffenen das Gefühl von einer gewissen Kontrolle zurück (Porgess 2001).
Sobald Menschen einmal selber gemerkt haben, dass sie sich durch Atmung beruhigen können, sind sie meistens motiviert, dies auch allein zu tun und zu üben: dann wird eine klar strukturierte Hausaufgabe eingesehen und meist auch befolgt. Die Instruktion besteht darin, zweimal am Tag, während mindestens 15 bis 20 min genauso, wie eben geübt, zu atmen. Bevor man Menschen mit dieser Hausaufgabe entlässt, muss man jedoch sicher sein, dass die Übung auch verstanden wurde und genauso durchgeführt wird wie instruiert. Das bedingt eine mindestens zweimalige Kontrolle, wo A dieses Atmen vorführt. Es ist sinnlos, ja sogar schädlich, jemanden mit einer falschen Atemtechnik wegzuschicken; hyperventiliert ein Traumatisierter zu Hause, dann provoziert er häufigere und intensivere Flashbacks und dissoziiert sich noch mehr.
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