Das Institut by King Stephen

Das Institut by King Stephen

Autor:King, Stephen
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: d-Heyne HC
veröffentlicht: 2019-07-28T16:00:00+00:00


2

Mrs. Sigsby erkannte Clark gleich wieder; sie war ihm oft auf den Fluren begegnet, mit einem Besen oder einem Mopp in den Händen. So jedoch hatte sie ihn noch nie gesehen. Er war totenbleich, sein graues Haar war so verworren, als ob er daran gezerrt hätte, und sein Mund zuckte leicht.

»Was ist denn los, Clark? Sie sehen aus, als wären Sie einem Gespenst begegnet.«

»Sie müssen mitkommen, Mrs. Sigsby. Sich das ansehen.«

»Was denn?«

Er schüttelte den Kopf. »Sie müssen mitkommen«, wiederholte er.

Während sie mit ihm über den Weg zwischen dem Verwaltungsgebäude und dem Westflügel des Wohnheims ging, fragte sie ihn zweimal, worin das Problem denn genau bestehe, aber er schüttelte nur den Kopf und sagte jedes Mal, das müsse sie sich selbst ansehen. Ihr Ärger darüber, dass sie gestört worden war, wich einem Gefühl des Unbehagens. Ging es um eines von den Kindern? War ein Test danebengegangen wie bei diesem Harry Cross? Bestimmt nicht. Wenn es um ein Kind gegangen wäre, hätte jemand von den Pflegern, den MTAs oder den Ärzten es eher entdeckt als ein Hausmeister.

In der Mitte des weitgehend menschenleeren Flurs im Westflügel beäugte ein Junge, dem der Bauch aus dem schlampig in die Hose gesteckten T-Shirt hing, einen Zettel am Knauf einer geschlossenen Zimmertür. Als er Mrs. Sigsby kommen sah, blickte er erschrocken drein. Also genau so, wie er nach ihrer Auffassung dreinblicken sollte.

»Whipple, nicht wahr?«

»Jep.«

»Was hast du da gerade zu mir gesagt?«

Während er über die Frage nachdachte, kaute Stevie an seiner Unterlippe. »Ja, Mrs. Sigsby.«

»Besser. Mach jetzt, dass du fortkommst. Falls du nicht zu irgendeinem Test musst, such dir eine Beschäftigung.«

»Okay. Ich meine: Jawohl, Mrs. Sigsby.«

Stevie schlurfte davon, wenn auch nicht, ohne einen Blick über die Schulter zu werfen. Das sah Mrs. Sigsby nicht. Sie betrachtete den Zettel, den man an den Türknauf gehängt hatte. NICHT EINTRETEN war darauf geschrieben, wahrscheinlich mit dem Kugelschreiber, der in einer von Clarks Brusttaschen steckte.

»Ich hätte abgeschlossen, wenn ich den Schlüssel gehabt hätte«, sagte Fred Clark.

Die Hausmeister hatten Schlüssel für die verschiedenen Abstellkammern auf Ebene A und für die Verkaufsautomaten, damit sie die auffüllen konnten, aber keine Schlüssel zu den Untersuchungsräumen und den Zimmern der Insassen. Letztere waren ohnehin nur selten abgeschlossen, außer wenn irgendein Nichtsnutz Unsinn angestellt hatte und zur Strafe einen Tag lang eingesperrt werden musste. Karten zum Betrieb der Aufzüge hatten die Hausmeister ebenfalls nicht. Wenn sie etwas auf einer unteren Ebene zu erledigen hatten, mussten sie sich einen Pfleger oder MTA suchen, der mit ihnen hinunterfuhr.

»Wenn der Dicke da reingegangen wäre«, sagte Clark, »hätte er den größten Schock seines jungen Lebens gekriegt.«

Ohne etwas zu erwidern, öffnete Mrs. Sigsby die Tür und sah ein leeres Zimmer – keine Bilder oder Poster an den Wänden, nichts auf dem Bett als eine nackte Matratze. Kein Unterschied zu vielen Wohnheimzimmern in den letzten zwölf oder dreizehn Jahren, seit der einst so starke Zustrom von Kindern mit hohem BDNF zu einem Rinnsal geworden war. Dr. Hendricks hatte die Theorie entwickelt, dass der hohe BDNF-Spiegel allmählich aus dem menschlichen Erbgut verschwand wie bestimmte andere Eigenschaften, zum Beispiel ein gutes Seh- und Hörvermögen.



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