Zeit29 by Lenk

Zeit29 by Lenk

Autor:Lenk
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2014-02-14T05:00:00+00:00


Ein Beutel voller Gold

Dicke, nasse Flocken fielen. Der Wind wirbelte sie über den Hof mit dem Tiefen Brunnen und verpasste dessen hölzernem Dach ganz allmählich eine weiße Mütze.

Kim schaute versonnen in das Schneegestöber. Der Mönch mit den Glupschaugen schritt vorbei, die Hände in den weiten Ärmeln seiner Kutte verborgen. Zwei Frauen mit Kopftüchern eilten mit schnellen Schritten über den Hof. Es war früher Morgen und die Gefährten arbeiteten schon seit einer guten Stunde in der Schmiede. Gerade hatte Kim einen Korb mit Kohle holen müssen. Die Jungs hatten sich mit vollen Wassereimern abgeschleppt. Kija lag derweil in der Nähe der Esse auf einem Holzklotz.

»Kommt mal her«, sagte der Schmied und winkte sie heran.

Die Freunde traten näher.

Paul deutete in die Glut, in der ein langer, stabiler Eisenstab lag. »Deshalb liebe ich das Feuer«, flüsterte der Schmied. »Es ist so … so mächtig.« Mit einem Ruck zog er den rot glühenden Stab aus der Glut. »Ich werde daraus einen Sagehal formen. Das Feuer macht das Eisen gefügig!«

Sagehal? Das Ding kannte Kim doch … War das nicht so ein Metallstab, an den man einen Kessel hängen konnte?

Schon lag der Stab auf dem Amboss, und der Schmied verpasste ihm ein paar Schläge mit dem Hammer, um ihn an einer Seite zu plätten. Dann hob er das Eisenstück dicht vor die Nase. »Das sieht doch schon richtig gut aus, was?«

Die Freunde nickten pflichtschuldig.

»Guten Morgen!«, erklang da eine fröhliche Stimme. Es war Valentin, der Hofnarr. »Wie geht’s, wie steht’s?«

»Alles bestens«, erwiderte der Schmied und legte den noch immer rot glühenden Sagehal auf den Tisch, wo unter anderem auch ein Stück Pergament mit der Konstruktionszeichnung eines ziemlich komplizierten Schloss-Mechanismus lag. Paul schaute den Narren neugierig an. »Und – was gibt es Neues vom Kaiser und den Kurfürsten?«

»Nun, die Aufregung hat sich ein wenig gelegt, nachdem der Erzbischof Gott sei Dank wieder aufgetaucht ist.« Valentin schaute die Freunde anerkennend an. »Das habt ihr wirklich gut gemacht!«

Kim schaute bescheiden zu Boden.

»Gehen die Beratungen etwa noch weiter?«, wollte Paul jetzt wissen.

Der Narr hob die Augenbrauen. »Nun, so genau weiß ich das natürlich auch nicht. Ich bin ja schließlich nicht dabei. Aber es sieht ganz so aus. Der Kaiser und die Kurfürsten haben sich jedenfalls nach dem Frühstück wieder in den Rittersaal zurückgezogen …«

Der Schmied kratzte sich am Kopf. »Wie kann man nur so viel reden? Und womöglich immer über dasselbe Thema …«

Valentin lachte. »Ich glaube, das wird unsereins nie verstehen. Aber du bist ja auch nur ein Schmied und ich bin nur ein Narr, Paul.«

Paul seufzte.

Jetzt grinste Valentin. »Aber vielleicht bist du auch ein Schmied und zugleich ein furchtbarer Narr, mein Lieber!«

Der Schmied glotzte sein Gegenüber verständnislos an. »Wie meinst du das?«

»Du fackelst gleich deine Schmiede ab«, sagte der Narr und machte einen Schritt zurück.

»Was?«

Valentin deutete auf den Eisenstab, den Paul gerade achtlos zur Seite gelegt hatte. Etwas zu achtlos, denn der Sagehal setze gerade das Pergament in Brand!

»Großer Gott!«, schrie Paul, griff nach einem Eimer und kippte Wasser über die aufwendige Zeichnung.

»Bis später!«, rief der Narr den Freunden und Paul zu.



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