Prolegomena zur Editio Teubneriana des Lukrez by Walter de Gruyter

Prolegomena zur Editio Teubneriana des Lukrez by Walter de Gruyter

Autor:Walter de Gruyter
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Walter de Gruyter
veröffentlicht: 2017-02-15T00:00:00+00:00


2Das Prioritätsverhältnis zwischen tituli und indices

Ein wichtiger Grund für die uneinheitliche Behandlung der tituli in den bisherigen Ausgaben besteht darin, dass für die Bücher IV bis VI das gleiche Material doppelt überliefert ist: zum einen in dem jeweiligen Buch vorangestellten indices, die in O und Q überliefert sind, zum anderen (in Fortführung der auch in den Büchern I-III betriebenen Praxis) als mittig im Text gesetzte und in roten Großbuchstaben geschriebene tituli in O und U (für die tituli ab 6, 749), für die in Q ein entsprechender Freiraum gelassen ist. Es stellt sich an dieser Stelle die Frage, ob der Verfasser der Überschriftentexte selbst sowohl Inhaltsverzeichnisse (also indices) angelegt als auch die Überschriften (tituli) an den entsprechenden Stellen im Lukreztext eingesetzt hat, ob er nur Inhaltsverzeichnisse zusammengestellt hat und erst später die Bestandteile dieses Inhaltsverzeichnisses als Überschriften in den Text versetzt wurden, oder ob er ursprünglich lediglich Überschriften für den Text erstellt hat, aus denen dann nachträglich Inhaltsverzeichnisse kompiliert wurden530. Für die Fachschriftsteller seit dem älteren Plinius hat Schröder gezeigt, dass sie vielfach selbst am Anfang ihrer Werke den Stoff aller Bücher umfassende Gesamtverzeichnisse angelegt haben, die dann später in den Text als Kapitelüberschriften gesetzt wurden und in der Regel zu einem noch späteren Zeitpunkt in kleinere, den Stoff eines einzelnen Buches umfassende Verzeichnisse aufgeteilt wurden, die dann dem jeweiligen Buch vorangestellt wurden531. Aber solche Grundtendenzen besagen kaum etwas für Lukrez oder die Lehrdichtung insgesamt, in der weder tituli noch indices auf den Dichter selbst zurückzuführen sind, sondern auf die Tätigkeit späterer Herausgeber oder Leser532. Auszugehen ist bei der Klärung der Prioritätsfrage zwischen indices und tituli zunächst vom Text selbst. Betrachtet man die Textdivergenzen zwischen tituli und indices533, so geht als wesentliches Merkmal hervor, dass bei Abweichungen die tituli im Text stets ausführlicher sind als ihre Entsprechungen in den indices:

IV 131 de nubibus et simulacra gigni Ot

de nubibus Ωi534

IV 176 de celeritate simulacrorum Ot

de celeritate Ωi

IV 312 ex tenebris in luce quae sint uideri et rusum ex luce quae sunt in tenebris uideri non posse Ot

ex tenebris in luce quae sint uideri Ωi

IV 877 de motu membrorum hoc est de ambulando Ot

de ambulando Ωi

IV 907 de somno quemadmodum fiat Ot

de somno Ωi

V 64 mundum et natum et mortalem esse Ot

de mundo Ωi

V 376 et natiua esse, cum si<n>t mortalia Ot

et natiua esse Ωi

V 471 de solis et lunae magnitudine et motu eorum et quemadmodum nascuntur Ot

de solis et lunae magnitudine Ωi

Der unterschiedliche Umfang ergibt sich in der Regel daraus, dass der Text in den indices eingliedrig, der in den tituli mehrgliedrig ist. An einigen Stellen weisen die tituli gegenüber den indices noch einen Nebensatz auf (IV 907; V 376); an anderen besteht der Überschuss in den tituli aus mindestens einem weiteren, mit et angeschlossenen Kolon (IV 312; V 471; etwas anders IV 877).

Es ist klar, dass diese Divergenzen (vielleicht mit Ausnahme des Verlusts von simulacrorum in IV 176 535) nicht zufällig durch mechanischen Textverlust in den indices zustande gekommen sind, sondern – nicht anders als die zwischen mundum et natum



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