Mythos Fremdenlegion by Stefan Müller

Mythos Fremdenlegion by Stefan Müller

Autor:Stefan Müller
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin
veröffentlicht: 2015-08-24T16:00:00+00:00


Spring!

Ich umklammerte mit einer Hand das Eisenrohr und griff mit der anderen nach oben. Während ich das tat, stemmte ich die Füße fest gegen die Mauer. Das gab mir zusätzlichen Halt. Dann hangelte ich mich wie ein Affe an dem dünnen Rohr nach oben. Ab und zu brach ein Steinchen aus dem alten Mauerwerk der Zitadelle und fiel in die Tiefe. Ich hoffte nur, dass das Eisenrohr fest genug verankert war.

Auf dem ersten Absatz klinkte ich den Karabiner, der an der Sicherungsleine hing, in meinen Klettergurt ein und reckte mich in die Höhe. Meine Arm- und Beinmuskeln schmerzten. Der Felsvorsprung, auf dem ich stand, war so schmal, dass ich gerade genug Platz zum Stehen hatte. Hinter mir ragte eine Mauer meterhoch auf. Zu meiner Rechten lag eine kleine Bucht. 30 Meter unter mir am Ufer standen die Legionäre aus meiner Gruppe und beobachteten mich.

Ich hätte besser nicht in die Tiefe geschaut. Mich kostet es durchaus Überwindung und Willenskraft, in großer Höhe zu stehen. Mein Atem ging stoßweise, während Windböen an meiner Uniform zerrten. Zum Glück war ich ja mit der Sicherungsleine verbunden. Konnte ja gar nichts weiter passieren.

Nein, war ich nicht – fiel mir plötzlich auf. Ich hatte einen fatalen Fehler gemacht: Ich hätte mich zuerst in die neue Sicherung einklinken müssen, bevor ich die alte löste. Ich stand gerade ungesichert auf diesem verflixt schmalen Vorsprung! Okay, keine Panik, sagte ich zu mir und zwang mich dazu, drei Mal ganz ruhig ein- und auszuatmen. Ich stand ganz still. Irgendwo rechts von mir musste der blaue Karabiner hängen. Ich tastete danach. Ein heftiger Windstoß drängte mich gegen den Fels. Der Karabiner schlug gegen meine Hand. Ich bekam ihn zu fassen und sicherte mich mit vor Aufregung zitternden Händen. Puh, das war knapp. Ich musste mich besser konzentrieren.

Trotz der Höhe und des Winds hörte ich die Wellen gegen die Felsen klatschen. Meine nächste Aufgabe lag vor mir: Ich musste über ein etwa 20 Meter langes Stahlseil, das quer über die Bucht gespannt war. Es gibt dafür eine spezielle Technik. Ich legte mich mit dem Bauch auf das Seil, das heftig unter mir hin und her schwankte, hielt mich mit ausgestreckten Armen fest und hakte mich mit einem Fuß oberhalb des Seils ein. Das verlieh mir eine gewisse Stabilität. Langsam begann ich, mich mit den Armen nach vorne zu ziehen. Zusätzlich schob ich mich mit dem Bein am Seil entlang. Der Wind blies mir ins Gesicht und nahm mir den Atem.

Am anderen Ende befand sich wiederum ein kleiner Felsvorsprung. Diesmal machte ich es richtig: neue Sicherung einhaken, dann erst die alte Sicherung lösen. Jetzt stand ich direkt vor dem Wall der Festungsanlage. Von oben hing eine eiserne Kette herab. Ich kletterte ungefähr 10 Meter daran in die Höhe. Oben angekommen, sah ich einen rund 10 Meter langen Stahlträger, der horizontal über eine Einbuchtung der Außenmauer verlief – und darunter 40 Meter Luft bis zum Strand. Das Sicherungsseil war parallel dazu gespannt. Ich fand, dass es ziemlich dünn aussah, und fragte mich, ob es wohl mein Gewicht halten würde, wenn ich abstürzte.



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