Meike liebt Ken by Blobel Brigitte

Autor:Blobel, Brigitte [Blobel, Brigitte]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 3505107093
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00

Meike hatte zwei Kunstledersessel unten in der Besucherecke des Krankenhauses zusammengeschoben. Sie waren nicht so lang wie ein Bett und nicht so weich, aber man konnte wenigstens die Beine hochlegen. Das Kunstleder war kalt, wenn der Anorak, den Meike sich als Kopfkissen zurechtgerollt hatte, ein bisschen verrutschte. Dann wachte sie auf.

Im Krankenhaus war endlich Ruhe eingekehrt. Die Glastüren nach außen waren geschlossen, der Portier, der Nachtdienst hatte, schlief in seinem kleinen Zimmer neben dem Empfang.

Um diese Zeit kamen die Notaufnahmen durch einen anderen Eingang, wo sie sofort in den OP gebracht wurden. Hier hörte man keine Sirenen, keine eiligen Schritte, keine Walkie-Talkies.

Meike schlief auf den roten Stühlen zwischen zwei großen Topfpflanzen, einem Farn und einem Gummibaum und träumte von Ken.

Ken und sie gehen durch eine fremde Stadt. Vielleicht Weimar. Es ist eine schöne Stadt mit lauter frisch bemalten, bunten Häusern, die um einen Marktplatz herum stehen. Der Brunnen umgeben von einer Rosenrabatte und in der Ecke ein Café mit rotweiß gestreiften Sonnenschirmen. Ken und sie sitzen am Brunnen und werfen Münzen ins Wasser. Lauter schimmernde Münzen. Ken hat die ganze Tasche voller Münzen. Wenn er eine Münze mit einem Frauenkopf herausholt, gibt er sie ihr und sagt: „Wünsch dir was!“

Und Meike wünscht sich etwas.

„Und jetzt wirf sie in den Brunnen.“ Die Münze blitzt einmal kurz im Sonnenlicht auf, bevor sie in den Brunnen fällt. Und dann küssen sie sich jedes Mal. Und immer mehr Leute kommen und schauen ihnen zu. Und jedes Mal Applaus, wenn Meike einen Wunsch äußert und die Münze hochwirft.

Manche rufen: „Bravo!“

Und Ken strahlt und gibt ihr immer noch eine Münze.

„Alle Wünsche“, ruft Ken, „die Meike hier heute an diesem Brunnen äußert, gehen in Erfüllung!“

„Woher weißt du das?“, fragt Meike amüsiert.

Ken gibt ihr einen Kuss und die Leute klatschen und rufen „Bravo!“

„Das ist mein Geheimnis“, flüstert Ken ihr ins Ohr. „Und das Geheimnis kennt man nur, wenn man total verliebt ist.“

„Dann müsste ich es auch kennen“, sagt Meike.

Ken nickt, er schaut ihr in die Augen. Seine Wimpern zittern. Sie sieht es ganz deutlich. Seine Wimpern sind ganz dünn und seidig und blond.

„Du kennst es doch auch“, flüstert Ken, „du kennst alle Geheimnisse. Alle.“

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