Maibock by Steinleitner Jörg

Maibock by Steinleitner Jörg

Autor:Steinleitner, Jörg [Steinleitner, Jörg]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783492967938
Herausgeber: Piper
veröffentlicht: 2015-03-08T16:00:00+00:00


Aus quantitativ statistischer Sicht ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch sich für tot hält, wenn er auf einem Sektionstisch erwacht, signifikant groß. Diese Annahme kann auch für Angehörige der Polizei bejaht werden.

Prof. Dr. Luitgold Saubeutel, Expertin für kardiovaskuläre und endokrine Biopsychologie

SIEBEN

»Für Stachus Böswald spricht zusätzlich zu seinem wackeligen Alibi, dass er Taucher ist«, meinte Anne abends nachdenklich, nachdem sie Johann über die neuesten Entwicklungen im Fall Adamo unterrichtet hatte. Lisa lag bereits im Bett. Johann und Anne saßen auf der Couch im Wohnzimmer und blickten durch die großen Panoramafenster auf den See. Das Rauschen der Autos auf der Straße, die direkt hinter dem Häuschen um den See führte, hatte abgenommen, es war bereits halb zehn. Johann hatte während ihres Gesprächs begonnen, Annes Nacken zu streicheln. Und nachdem Anne »Oh, Johann, ich bin so verspannt« gestöhnt hatte, hatte er sie aufgefordert, sich ihr T-Shirt auszuziehen und sich auf den Bauch zu legen. Dem war Anne gerne nachgekommen, und Johann hatte begonnen, ihre verhärteten Muskeln mit sanften kreisenden Bewegungen aufzuweichen. Als er an ihrem Gesäß angelangt war und vorsichtig Annes Jogginghose nach unten gezogen hatte, schoss die Polizistin plötzlich hoch: »Der Kuchen! Fuck, ich muss einen Kuchen backen!« Schon saß sie aufrecht auf dem Sofa.

»Was? Warum?«, fragte Johann verständnislos, seine Wangen waren leicht gerötet.

»Die machen morgen in Lisas Schule irgendeinen Wohltätigkeitsverkauf in der Pause, für Nigeria oder Afghanistan, und Lisa soll auch einen Kuchen mitbringen.« Anne sah ihren Freund traurig an. »Wir müssen Kuchen backen, Johann.«

»Also gut, dann backen wir eben Kuchen«, murrte der. Gemeinsam schlurften sie in die Küche, und während das Gebäck im Ofen aufging, machten sie Liebe auf dem Esstisch, bis es derart verbrannt roch, dass man es nicht mehr ignorieren konnte. Anne riss den Kuchen aus dem Ofen, stülpte ihn aus der Form und starrte ihn hasserfüllt an. Auch Johann betrachtete das Missgeschick. Der Kuchen lag schwarz – und wegen des plötzlichen Stürzens in unförmigen Brocken – vor ihnen auf dem Teller.

»Wir können doch jetzt nicht noch einen Kuchen backen!« Anne griff sich ihr T-Shirt vom Boden und zog es über. Johann stand nackt vor dem missratenen Rührkuchen, der verkohlt vor sich hin stank.

»Wir könnten den verbrannten Boden abschneiden «, schlug er vor. »Und dann dick Schokoladenglasur drüber …«

»Oh nein, das geht nicht …« Anne begann unversehens zu weinen. Die letzten Tage waren einfach zu viel für sie gewesen. »Die anderen Mütter backen immer alle perfekte Kuchen. Da kann ich Lisa nicht mit so einem vermurksten Teil in die Schule schicken.« Johann nahm sie in den Arm. »Ach, ich bin so müde.« Anne legte ihren Kopf an seine Brust und weinte leise vor sich hin. So standen sie eine Weile.

Dann meinte Johann: »Komm, backen wir noch einen.« Und dann backten sie noch einen Kuchen. Dieses Mal verzichteten sie auf Liebesspiele, während er im Ofen war, und so war er gegen ein Uhr fertig. »Sieht ja ganz passabel aus«, meinte Anne. »Puderzucker mache ich morgen drauf.« Sie gähnte. »Lass uns ins Bett gehen.«



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