Libellensommer by Antje Babendererde

Libellensommer by Antje Babendererde

Autor:Antje Babendererde [Babendererde, Antje]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783401800264
Herausgeber: Arena
veröffentlicht: 2010-11-08T23:00:00+00:00


14.

Der entfernte Gesang einer tiefen Frauenstimme weckte mich am nächsten Morgen. Das war Althea. Ich schlug die Augen auf und blickte direkt in Jays Gesicht. Er war wach und lag auf der Seite, den Kopf auf seinen gesunden Arm gebettet.

»Das Frühstück ist fertig«, sagte er.

»Ich hab keinen Hunger« (Hatte ich das wirklich gesagt?). Tatsächlich hielt sich mein Appetit in Grenzen, wenn ich an die mürrischen Gesichter der Männer dachte. Nicht mal ein Eis mit heißer Schokoladensoße hätte mich ins Küchenzelt gelockt. Überhaupt, es war noch nicht einmal richtig hell. Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr, aber die Zeiger hatten sich keinen Millimeter bewegt.

»Es wird so gegen neun sein«, sagte Jay. »Schon merkwürdig, dass du nicht mal hier draußen ohne Uhr auskommst.«

Ich wollte etwas erwidern, da hörte ich den Regen, der leise auf die Zeltplane tropfte.

»Es regnet.« Ich kuschelte mich zurück in das weiche Fell.

»Altheas Frühstück ist unübertrefflich.«

»Besser, deine Kumpel sehen mich nicht. Dann vergessen sie vielleicht, dass ich hier bin.«

»Wohl kaum. Was ist eigentlich los mit dir, Hasenfuß? Du warst doch bis jetzt nicht feige.« Jay setzte sich auf und zog seine schwarzen Kordhosen an.

»Wieso sagst du das?«, fragte ich. »Du weißt genau, dass ich Angst habe. Angst vor Bären, Angst vor Libellen, Angst vor allem. Deine Jägerfreunde sind mir unheimlich.«

»Ich habe ja auch nicht behauptet, dass du jemand bist, der keine Angst hat. Jeder Mensch hat Angst. Denkst du, ich habe mich nicht gefürchtet vor dem Bären?« Er lachte kopfschüttelnd. »Ich sagte, du warst nicht feige. Und das bist du auch nicht.«

»Und ich dachte, du wärst sicher gewesen, dass der Bär dir nichts tut.«

»War ich ja auch. Trotzdem musste ich seine Wut und seinen stinkenden Geifer aushalten, der mir um die Ohren flog.«

Ich verzog angeekelt das Gesicht.

»Komm«, sagte er, »du weißt genau, dass Reggie dir nichts tun wird.«

»Du meinst, ich muss seine Wut aushalten, seinen Geifer, der mir um die Ohren fliegt?«

»Ja. Das macht dich stark.«

Ich gab schließlich nach und zog mich an. »Lass mich nicht mit ihm allein, hörst du?«

»Mach ich nicht. Versprochen.«

Meine Krücken musste ich im Tipi zurücklassen, denn der Boden war vom Regen aufgeweicht, und die Stöcke blieben stecken. Gefrühstückt wurde gemeinsam im großen Tipi. Es gab auf dem Blech über dem Feuer gebackene Pfannkuchen mit süßem Ahornsirup und Rührei mit Speck. Dazu Kaffee oder Pfefferminztee. Jay hatte recht, das Frühstück war köstlich, und für einen Augenblick überkam mich der Wunsch, mir so richtig den Bauch vollzuschlagen. Merkwürdigerweise war ich nach dem ersten Pfannkuchen satt.

Die Männer waren in missmutiger Stimmung, was vermutlich am Wetter lag und weniger an mir. Zumindest redete ich mir das ein. Trotzdem war ich froh, als ich mit Jay wieder zum Tipi zurückgehen konnte.

»Was macht dein Fuß?«, fragte er. »Du humpelst immer noch.«

»Ich versuche, ihn nicht zu belasten. Aber es wird schon besser.«

»Hoffentlich stimmt, was Frank gesagt hat, und es ist wirklich nur eine Bänderzerrung.«

»Warum sollte das nicht stimmen? Traust du Waboon nicht?«

Er zuckte die Achseln.

Nachdem wir ins Tipi gestiegen waren, schloss Jay die Klappe hinter uns. »Wenn du wieder schmerzfrei laufen kannst, bringe ich dich zurück.



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