Geschichten aus dem Wiener Wald (Vollständige Ausgabe) by Ödön von Horváth

Geschichten aus dem Wiener Wald (Vollständige Ausgabe) by Ödön von Horváth

Autor:Ödön von Horváth [von Horváth, Ödön]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9788026819035
Herausgeber: e-artnow Verlag
veröffentlicht: 2014-07-06T00:00:00+00:00


V

Inhaltsverzeichnis

Draußen in der Wachau

Auch hier scheint die Sonne wie dazumal – nur daß nun vor dem Häuschen ein alter Kinderwagen steht.

Die Mutter zu Alfred: Er sieht dir sehr ähnlich, der kleine Leopold – und schreit auch nicht viel. Auch du warst so ein sanftes Kind.

Alfred Ich freu mich nur, daß ich ihn nicht in Wien hab. Hier heraußen in der guten Luft wird er besser gedeihen, als wie drinnen in unserer Kasern.

Die Mutter Tritt die Mariann jetzt schon auf beim Ballett?

Alfred Nein, erst ab nächsten Samstag.

Stille.

Die Mutter besorgt: Du hast mal gesagt, wenn du ein Kind hast, dann würdest du heiraten. Ist das noch so?

Alfred Du hast mal gesagt, ich könnt eine gute Partie machen.

Stille.

Die Mutter Natürlich ist das kein Glück, diese Verbindung.

Alfred Könnt ich jetzt mal die liebe Großmutter sprechen?

Die Mutter Ich werds ihr gleich sagen – ich muß jetzt sowieso noch in den Keller. Ab in das Häuschen.

Alfred allein; er beugt sich über den Kinderwagen und betrachtet sein Kind.

Die Großmutter tritt aus dem Häuschen: Der Herr wünschen?

Alfred Hast es dir nun überlegt?

Die Großmutter Ich hab kein Geld. Solang du mit der Person zusammenlebst, hab ich kein Geld! Lebt sich da in wilder Ehe zusammen, wie in einem Hundestall, setzt Bankerten in die Welt, die nur anderen zur Last fallen, und schämt sich nicht, von seiner alten Großmutter noch Geld zu verlangen! Keinen Kreuzer! Keinen Kreuzer!

Alfred Letztes Wort?

Die Großmutter Hundestall! Hundestall!

Alfred Du alte Hex. Stille.

Die Großmutter Was hast du gesagt?

Alfred schweigt.

Die Großmutter Traust es dir noch einmal zu sagen?

Alfred Warum nicht?

Die Großmutter So sags doch!

Alfred Hex. Alte Hex.

Die Großmutter nähert sich ihm langsam und kneift ihn in den Arm.

Alfred lächelt: Wie bitte?

Die Großmutter kneift ihn: Na wart, du wirst es schon noch spüren! Da und da und da!

Alfred schüttelt sie ab, da er nun tatsächlich was spürt: Um mir weh zu tun, dazu gehören Leut, aber keine Frösch!

Die Großmutter weint vor Wut: Gib mir mein Geld zurück, du Schuft! Mein Geld möcht ich haben, Haderlump, Verbrecher!

Alfred lacht.

Die Großmutter kreischt: Lach nicht! Sie versetzt ihm einen Hieb mit ihrem Krückstock.

Alfred Au! Stille.

Die Großmutter grinst befriedigt: Hast mich gespürt? Hast mich jetzt gespürt?

Alfred Du Hex. Du alte Hex.

Die Großmutter hebt triumphierend den Krückstock.

Alfred Untersteh dich!

Die Großmutter Hab nur keine Angst – du dummer Bub. Oh, ich krieg dich schon noch runter – ich krieg meine Leut schon noch runter. – Eieiei, da hängt dir ja schon wieder ein Knopf – wie kann man sich nur mit so einer schlamperten Weibsperson –

Alfred unterbricht sie: Also schlampert ist sie nicht! Stille.

Die Großmutter Sie hat einen viel zu großen Mund.

Alfred Geschmacksach!

Die Großmutter Wart, ich näh dir jetzt nur den Knopf an – Sie näht ihn an. Was brauchst du überhaupt eine Frau, so wie deine alte Großmutter wird dir keine den Knopf annähen – bist es ja gar nicht wert, daß man sich um dich sorgt – schafft sich mit dem Bettelweib auch noch ein Kind an, ein Kind!

Alfred Aber das kann doch vorkommen.

Die Großmutter So ein Leichtsinn, so ein Leichtsinn! Alfred Du weißt doch, daß ich alle Hebel in Bewegung gesetzt hab – aber es sollte halt nicht sein.



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