Gardner, Lisa by Du darfst nicht lieben

Gardner, Lisa by Du darfst nicht lieben

Autor:Du darfst nicht lieben
Die sprache: deu
Format: mobi
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


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Kapitel 24

«Sind junge Spinnen ausgehungert, weil es nichts zu fressen gibt, verzehren sie sich manchmal gegenseitig.»

Herbert W. und Lorna R. Levi: Spiders and Their Kin

Der Junge kehrte zurück. An einem sonnigen Nachmittag klopfte er höflich an ihrer Hintertür, worauf sie ihn Brennholz hacken ließ. Er arbeitete über eine Stunde, so lange, bis er sein schweißnasses T-Shirt ausziehen musste und eine erbärmlich magere Brust offenbarte, auf der sich sämtliche Rippen abzeichneten. Sie briet ihm ein Käseomelette, toastete vier Scheiben Brot und schenkte ihm zwei Gläser Milch ein. Er machte sich mit Heißhunger darüber her, wischte mit dem letzten Toasthappen das Fett vom Teller und leckte sich die Finger.

Anschließend half er ihr im Haus. Sie zeigte ihm, wie man mit Holzkeilen die Fensterflügel zusätzlich sicherte, und bat ihn, den Karton mit dem Weihnachtsschmuck aus dem Keller zu holen. Als er mit dem Karton in beiden Händen nach oben kam, krabbelte ihm eine Spinne über die Schulter. Sie versuchte, sie zu verscheuchen, doch er wollte mit ihr spielen wie mit einem Haustier.

«Die tun einem nichts», sagte er. «Spinnen töten Insekten, aber keine Menschen. Und sie sind echt cool. Hast du schon mal probiert, wie ein Spinnennetz schmeckt?»

Sie ließ ihn mit dem Krabbeltier allein und hängte Weihnachtsglöckchen an die Eingangstür und die Tür zum Hof. Das war die Alarmanlage der armen Frau. Sie hatte noch einiges zu tun, musste aber vorher zwei Besorgungen machen.

«Na, mein Kleiner, kommst du nun mit oder nicht?»

Er stand auf. «Wohin?»

«Zum Baumarkt.»

Sie kämpfte sich in ihren Mantel, setzte den Hut auf und streifte sich Handschuhe über. Der Junge hatte nur das dünne Shirt, also schickte sie ihn nach oben in Josephs Zimmer. Er kehrte mit einem Flanellhemd zurück, das ihm fast bis zu den Knöcheln reichte. Im Einbauschrank der Diele fand sie einen der dunkelblauen Mäntel ihrer Mutter. Der passte ihm besser als die Sachen des Bruders.

Als sie nach draußen gingen, steuerte der Junge wie selbstverständlich auf die Garage zu.

«Unsinn, mein Kleiner. Der liebe Gott hat uns Beine gegeben.»

«Aber er hat uns auch Autos gegeben», entgegnete der Junge und brachte sie damit zum Lachen.

«Den Wagen habe ich schon vor fast zehn Jahren verkauft», erklärte sie. «In meinem Alter ist es schwer genug, geradeaus zu gehen. Wie würde ich wohl erst fahren?»

Seite an Seite gingen sie bergab. Weil sie ihm zu langsam war, sprang er mal voraus, mal zur Seite und ließ sich wieder zurückfallen, wie ein kleiner Hund. Er trat gegen Steine und sprang in Pfützen. Die geliehenen Sachen waren bald voller Dreck.

Sie störte sich nicht daran. Es gehörte sich für einen jungen Burschen, dass er spielte und hüpfte und sich schmutzig machte.

Nur dass er seine Zeit mit einer alten Frau verbrachte, war eigentlich nicht in Ordnung.

Sie brauchten fast eine Stunde, bis sie den Baumarkt erreichten. Gemeinsam betraten sie ihn, aber kaum waren sie im Innern der großen Halle, verlor sie ihn auch schon aus den Augen, weil sie sich auf ihren Einkauf konzentrieren musste. Sie brauchte Vorhängeschlösser. Drei Stück. Und möglichst robust sollten sie sein.

Angesichts der Preise musste sie schlucken.



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