galante by Unknown

galante by Unknown

Autor:Unknown
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Später gibt’s einen Polentanz. Die dicke Blumenverkäuferin im Trikot. Zwei andere Mädchen als bunte Polinnen mit Schaftstiefeln. Nur eine, die dunkle, bringt ein wenig slawische Weichheit heraus. Die andere tanzt steif und blond auf der rechten Seite – die dicken Schenkel im Trikot.

Eine Russin kommt in lichtrosa Seide als Odaliske und exekutiert einen Bauchtanz. Recht deutlich und graziös mit ihrer gerundeten Gestalt, deren Glieder heiß aus schmalen glitzernden Juwelenstreifen hervorleuchten. –

Zum Schluß beschert der Tanzmeister – er war anfangs der einzige Herr, der überhaupt tanzte – mit einer hübsch gewachsenen jugendlichen Solotänzerin einen Scherztanz.

Und dann wird der Saal, der nie voll war, immer leerer, während die Kapellen unermüdlich ihre Pflicht tun.

In einigen mondänen Lokalen war als besondere Attraktion auf jeden Tisch ein Telefon hingestellt worden, mit denen man sich eigenhändig mit einer näher oder entfernt sitzenden Schönen verbinden konnte. Überholt! Allerneuste Errungenschaft: Die Garderobenfrau drückt allen kommenden Gästen vertraulich ein winzig bedrucktes Zettelchen in die Hand. Auf dem Zettel stehen internationale Verständigungszeichen, zu denen nur ein Taschentuch gehört. Hält man das Liebes-Taschentuch übers Haar, bedeutet das: Ich muß Sie draußen wiedersehen! Ans linke Ohr: Kommen Sie an meinen Tisch! Taschentuch aufs Herz: Ich liebe nur Sie, wenn ich auch mit andern tanze! Auch kann man einen lästigen Verehrer oder eine Verehrerin loswerden, wenn man das Taschentuch fallen läßt: Hol Sie der Teufel!

So wird das Leben in den Tanzstätten mit allerlei spielerischen Formen versehen und auch mit dem Taschentuch-Liebes-Code ausgestattet. Und weil nun einmal die Herrenwelt in der Minderheit ist, stellten manche Tanzstätten feinerer Art auch Tanzkavaliere, die den tanzlustigen Damen zur Verfügung standen und berufsmäßig ihre Tanzpflicht erfüllten.

Doch nicht nur Tanzherren stellt die Direktion. Für ängstliche Damen sind Nachhausebringer zu haben, elegante Kavaliere, die für den Heimweg Arm, Garderobe und Autositz anbieten und ihren Dienst erst beenden, wenn die Dame aus ihrer Wohnung durch Lichtsignal ihre unbeschädigte Heimkehr meldet.

Auch in größere Privatgesellschaften dringen die Berufs-Eintänzer bereits ein. Die Hausherren und ihre Freunde haben nicht Zeit, alle modernen Tänze einzuüben. Ein galanter Hausherr will aber keine stimmungstörenden Mauerblümchen sehen. Und die Hausdame fürchtet, daß ihre Freundinnen nicht viel Gutes über sie berichten, wenn sie bei ihr nicht tanzen. Ein manierenreicher Berufstänzer ist allen willkommen und tanzt alle Unannehmlichkeiten fort. –

Dann aber gibt es Tanzstätten, in denen ein bunter Wirbel rast. Der elektrische Kronleuchter erlischt plötzlich. Von mehreren Seiten brodeln bunte Farblichter im schnellem Kreisel über alle die Nachtmenschen, die eng umschlungen ihren Rhythmus suchen in dem tollen Durcheinander von Menschen, Alkohol, Musik, Lichttaumel und Farbenrausch.

Junge Männer kommen herein, noch nüchtern, aber mit verlangenden Augen. Bald sind sie im Trubel der leuchtenden Mädchen, die sie mit herumreißen im betörenden Musikstrom. Und bald gehen die jungen Leute unter in diesen wie ein machtvoller Wasserfall über sie hinstürzenden Nachtrausch, toll gemischt aus kreiselnden Farblichtern, Musik, Weindunst, lockenden Mädchengesichtern und dem Durcheinander tanzender Gestalten. Und aus den Augen strahlt das aufglühende Herz – und sie sehen nur die Mädchen aus blutendem Rot in magisches Blaßgrün gleiten – in kaltes Blau und verheißungsvolles Violett und in leidenschaftlich aufschreiendes Orange.



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