Feuer um Mitternacht by Lornsen Boy

Feuer um Mitternacht by Lornsen Boy

Autor:Lornsen, Boy [Lornsen, Boy]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Tante Lenes Petroleumlampe brannte immer noch. Und dort drüben saß er jetzt.

Der Kriminalobermeister... Der Mann im grauen Mantel...

Ich werde ihn „Graueule“ taufen, dachte ich.

Sylvie wird kichern...

Theo Bank:

ein Gespräch mit Lene Steenkamp

Sie wußte etwas! Das spürte ich. Ich war kein Anfänger in meinem Beruf.

Ich sah das Fernglas. Es lag zwei Armlängen von mir entfernt auf der Fensterbank, ragte noch eben hinter dem Blumentopf mit den Löwenkopfgriffen hervor. Ein griffbereites Fernglas auf der Fensterbank... Beobachtete sie das Haus gegenüber? Beobachtete sie Markus Unschlitt? Aus Sorge um ihn? Aus Neugierde?

Sie hatte eine Petroleumlampe zwischen uns auf den Tisch gestellt. Dabei gab es überall im Haus elektrisches Licht. Die Lampe verbreitete einen warmen, gelben Schein und ließ Halbdunkel um uns herum. Die niedrige Decke fiel mir fast auf den Kopf. Den Papageienkäfig sah ich nicht; aber der Papagei murmelte vor sich hin.

Sie schenkte uns einen Likör ein. Er schmeckte herb und bitter, machte meine Zunge rauh wie Sandpapier. „Schlehenlikör nach einem alten Rezept. Selbstangesetzt“, sagte sie und schaute mich über die Lampenkuppel hinweg ruhig an. „Dann fangen Sie mit Ihren Fragen an. Sie wollen doch fragen?“

„Ja“, sagte ich, „deshalb hat man mich hergeschickt — wegen der Fragen und besonders wegen der Antworten.“

Womit fing ich an? Am besten mit ihr! „Leben Sie schon lange in Tarrafal, Frau Steenkamp?“

„Ich wurde in diesem Haus geboren, lebte ein Leben lang hier, und man wird mich auch wohl aus diesem Haus hinaustragen.“

„Allein?“

„Ja, allein. Pensionierte Postbeamtin. Unverheiratet. Ich hinke, so lange ich denken kann. Und ich bin froh, wenn mich einer ,Tante’ nennt.“

Ein Leben lang allein... War sie verbittert? Sie hätte gern Kinder gehabt — einen Mann und Kinder, glaubte ich aus ihren Worten herauszuhören. Ganz versteckt flimmerte ein Lächeln in ihren Augen, als wollte sie sich über mich lustig machen.

„Kannten Sie Peter Sönderup?“

„Hier kennt jeder jeden. Aber ich kannte Peter besser als die meisten. Seine Frau ausgenommen. Ich war mit ihm verlobt — vor fünfzig Jahren. Er heiratete eine andere — Christine. Ich habe geweint, geflucht, ihm die Pest an den Hals gewünscht und mehr. Ein gutes Motiv für eine Brandstiftung, Herr Bank.“

„Nicht so gut, wie Sie denken. Vor fünfzig Jahren, sagten Sie? Es ist zu lange her!“

„Ja“, sagte sie, „ich hätte fünfzig Jahre Zeit dazu gehabt, ihm das Dach über dem Kopf anzuzünden. Aber ich tat es nicht.“

„Hatte Sönderup Feinde? Diese Frage muß ich immer wieder stellen.“

„Er mag welche gehabt haben. Ich kann keine nennen. Feinde, wie Sie sie suchen, geben sich nicht zu erkennen.“

Sie hatte recht. Feinde, die zu einer Brandstiftung fähig sind, sind auch fähig, ihren Haß zu verbergen. Wir redeten noch eine Weile darüber, aber es kam nichts Wichtiges für mich dabei heraus. Die Lampengeschichte zwischen Hageldorn und Sönderup war ihr bekannt; sie tat den Vorfall als Lappalie ab — wie Kollege Tackert.

Dann stellte sie eine Frage.

.Gibt es denn keine andere Möglichkeit als Brandstiftung? Oder wollen Sie unbedingt nach einem Brandstifter suchen?“

Es wurde Zeit, daß ich ihr erklärte, wie ich meine Aufgabe sehen mußte. Bei ihr lohnte es sich.

„Noch weiß ich wenig, Frau Steenkamp“, begann ich.



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