Fette Fische by Hiassen Carl

Fette Fische by Hiassen Carl

Autor:Hiassen, Carl [Carl, Hiassen]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-12-20T23:00:00+00:00


Mein Dad war ein sagenhaft guter fishing guide. Das sagte jeder in den Keys. Ob Tarpun, Grätenfisch, Roter Trommelfisch, Snook – Dad hatte einfach einen siebten Sinn dafür. Er verschaffte seinen Kunden noch Fische, wenn jeder andere guide ziemlich alt aussah. Meine Mutter sagte immer, es sei eine Begabung, die Dad von Grandpa Bobby geerbt habe.

Wir alle wussten, wie sehr Dad seine täglichen Bootstouren vermisste. Er beklagte sich nie, aber er fühlte sich doch ganz schön elend, wenn er so mit dem Taxi den Highway rauf- und runterfuhr. Drei Mal schon war ein anderes Auto auf ihn aufgefahren, als er gerade eine der Brücken passierte. Das kam daher, dass er jedes Mal langsam wurde, um aufs offene Meer hinauszustarren. Er konnte nicht dagegen an – er musste einfach schauen, nach Ebbe und Flut, nach dem Wasserstand, der Windrichtung, all den Dingen, die für einen Fischer wichtig waren.

Nach dem dritten Unfall wurde sein Chef im Taxiunternehmen sauer. Dad erklärte ihm, keiner der Unfälle sei im Grunde seine Schuld gewesen. Immer hätten die anderen Fahrer Strafe zahlen müssen, weil sie zu dicht aufgefahren waren.

Aber davon wollte der Chef nichts hören. Ihn kostete es jedes Mal Geld, wenn das Taxi in der Werkstatt war statt auf der Straße. »Noch ein Zusammenstoß«, hatte er meinen Dad gewarnt, »und du bist gefeuert.« Der Kerl führte sich auf wie Donald Trump persönlich.

Ich hatte den Verdacht, dass er Dad die Stelle nicht freihalten würde nach der Sache mit dem Kasinoschiff, und ich behielt Recht. Als Mom schließlich beim Taxiunternehmen anrief, erklärte ihr der Besitzer, er habe einen neuen Fahrer angeheuert, noch am selben Tag, als mein Vater festgenommen wurde. Mom meinte, sie könne dem Mann nichts vorwerfen – schließlich musste er an seine Firma denken. Trotzdem machte sie sich Sorgen, das merkte ich. Die Rechnungen stapelten sich, und ihr Gehalt reichte vorn und hinten nicht, um sie alle zu bezahlen.

Und jetzt würde es noch eine ganze Weile länger dauern, bevor Dad sich nach einer neuen Arbeit umsehen konnte – er saß nämlich wieder im Gefängnis.

Ich weiß nicht, ob Dusty Muleman ihn verpfiffen hat oder ob diese elektronischen Fußfesseln ein bestimmtes Signal aussandten, wenn jemand sich unerlaubterweise an dem Schloss zu schaffen machte. Jedenfalls ließ der Sheriff meinen Vater wieder einbuchten, wegen »unbefugter Manipulation an einem gerichtlich angeordneten Überwachungsgerät«.

Dad war nicht besonders guter Laune, als ich ihn besuchen ging.

»Langsam wird’s öde«, sagte er matt. »Du hättest nicht kommen müssen, Noah. Das ist wirklich die Hölle hier.«

In gewisser Weise war ich erleichtert, meinen Vater deprimiert vorzufinden. Immerhin war das die normale Reaktion, wenn man im Knast saß – aber darauf, dass Dad sich normal verhielt, konnte man sich nicht verlassen. Jetzt war er jedenfalls ein völlig anderer Mensch als der aufgekratzte Typ, den ich noch vor drei Wochen dort besucht hatte.

»Ich wette, deine Mutter ist ernsthaft sauer«, sagte er.

»Wieso?«, fragte ich.

Wie konnte einer von uns ernsthaft sauer auf ihn sein? Der einzige Grund, weswegen er diese blödsinnige Fußfessel abmontiert hatte, war, dass er sonst nicht nach Abbey hätte suchen können.



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