Ernst Lissauer by Arne Offermanns

Ernst Lissauer by Arne Offermanns

Autor:Arne Offermanns
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Walter de Gruyter
veröffentlicht: 2019-02-15T00:00:00+00:00


2Lissauer an Berendsohn

Wien, 27. Juni 1935. Donnerstag.

Weitere Prosp. als

Wien 19/1, Chimanistrasse 22 27.6.35

Drucksache

Lieber Walter Berendsohn, ich danke Ihnen herzlich für Brief, Schrift und Widmung.1445 Ich habe Ihre Broschüre noch am gleichen Tage ausgelesen und stimme mit ihr ganz überein. Unterschieden sind wir nur durch m. immer spiritualistischer werdende Auffassung des Seins, die uns aber keineswegs davon entbindet, der Rüstungsindustrie nach zu spüren und entgegen zu treten.1446 Ich glaube aber leider nicht, dass sie überall der Grund ist. In Europa ja. Paneuropa würde vieles ändern.1447 Aber z. B. Japan muss sich anscheinend wirklich neues Land erobern.1448 Ich stecke in grosser Arbeit und möchte daher weiteres versparen, Ihnen zu besserer Stunde ausführlich berichten. Daher heut nur knapp das Wichtigste. Wir haben uns herzlich gefreut, dass es Ihnen leidlich geht. Unsere Lage wird immer schwieriger. Vielleicht können Sie mir irgendwie behilflich sein, auch darüber in Musse. Buch noch nicht erschienen. Subskription stockt, bisher noch nicht ⅔ der notwendigen Zahl. Prospekte sind nicht mehr da, vielleicht kann ich noch welche auftreiben. Der Band J. u. W.1449 umfasst eigentlich 5 Bücher; um meinen d.1450 Freunden die Anschaffung zu ermöglichen, ist Buch 5 in dem betreffenden Prospekt fortgeblieben. Sonst ist der mit 5 Büchern verbreitet worden, er ist vergriffen. Aus diesem 5. Buch kennen Sie Proben.1451 Es handelt in seinem 2. Teil von meinem, unserem eigensten Schicksal. Der Preis ist in beiden Fällen der gleiche. Die Subs. wird als vollzogen angesehen, wenn die Hälfte voreingezahlt wird. Besonders wichtig wäre mir Uebersetzung der Zeitgedichte. Aus erwogenen Gründen, nicht meinetwegen, trage ich vorerst Bedenken an dem Blatt, wo Sie mich zitierten, mit zu arbeiten. Meine Frau reist bald nach Deutschland. Wenn Sie in D. für mein Buch werben, so kommt nur der 4er Prospekt in Frage. Ich lege welche bei. Ferner einige 4er, die ich zu 5ern ergänze.1452 Hoffentlich drücke ich mich klar aus?

In einer Gesellschaft wurde das Gedicht1453 in diesem Sinne kommentiert, und Ludwig schrieb, man habe dort gestritten, ob dies schlimmer sei oder der H. g. E.1454 Ich bitte Sie so zu schreiben, dass man meine Intervention nicht erkennt, denn das schwächt den Eindruck. Aus Aeusserungen sei Ihnen klar geworden, dass man mich mit jener R. d.W. identifiziere.1455 Schon damals sei das Ged. nicht in diesem Sinne gemeint gewesen, es habe zuerst 1911 in Jakobsohns Weltbühne gestanden, die damals noch Schaubühne hiess. Ich verleugne die preussische Schichte meines Wesens und Werkes nicht, in meinem 1813 ist »Einsegnung«1456 eine Formulierung der religiösen Weihung der Verteidigung des Landes, aber zweierlei ist zu bedenken. Wehrhaftigkeit in jenem Sinne grenzt an das l’art pour l’art-Prinzip des Krieges. Ich würde heute weder Yorck1457 noch Schlachtgebet noch 1813 schreiben. Ihr Vergleich mit Menzel isz√ für das Schl. ausgezeichnet.1458 1813 hingegen war aus der Sorge um den Untergang des Landes entstanden. Heute aber mache ich von jenen Werken sozusagen keinen Gebrauch; ich habe z. B. in den 30er Jahren, auch vor d. Umsturz meinen Verlag nicht aufgefordert die franzosenfeindliche Stimmung für 1813 zu nützen. Und bei Yorck, den ich an sich immer noch liebe, ist es mir unlieb, dass sein Schluss auf unsere Zeit angewandt werden könnte.



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