Emma, der Kaktus und ich by Lück Christopher

Emma, der Kaktus und ich by Lück Christopher

Autor:Lück, Christopher
Die sprache: eng
Format: epub
Herausgeber: d-Goldmann TB
veröffentlicht: 2016-11-15T16:00:00+00:00


06

»Nopsi«

… bald schwebt Emma in mein Leben

Echinopsis. Caryophyllales. Trichocereeae. Ja spinnt der jetzt, oder was? Nein, ich brauche keine Warzen-Medikamente aus der Apotheke, ich habe mir nach der Griechen-Rache auch keine kompliziert klingende Geschlechtskrankheit bei irgendeiner Nutte eingefangen, und nein, ich habe auch nicht mein Studienfach gewechselt und angefangen, Medizin zu studieren. Alles falsch. Echinopsis. Caryophyllales. Trichocereeae. Fachbegriffe, die wie Musik in meinen Ohren klingen. Nach Glück und Neuanfang. Dabei begann meine neue würfellose Nach-Tiffy-und-Norbert-Ära erst einmal so was von ohne Musik. Sogar ganz ohne Ton. Dafür aber mit einer unschönen Otitis media acuta. Häää? Okay, ich erzähle ja schon.

Die Tiffy-und-Norbert-Rache-Achterbahn hatte mir schwer zugesetzt. Ich lag mit heftigstem Ohrensausen im Bett, dorthin hatte mich der schnellst und wirr sprechende HNO-Arzt des ganzen Universums geschickt. Fünfundsiebzig Sekunden lang hatte er mir in alle möglichen Löcher oberhalb des Halses geschaut, um dann wie ein Maschinengewehr seinen Befund herunterzurattern: »Herr Gerthner, klarer Fall: Otitis media acuta, bakteriell, könnte von Streptococcus pyogenes oder Haemophilus influenzae oder gar Moraxella catarrhalis stammen. Die Biester sind sicherlich kontinuierlich über Ihre Eustachi-Röhre aus dem Nasopharynx gekommen.« Bitte sag mir doch nur, ob ich sterben muss? Ich bin doch Hypochonder! Ich schaute ihn an, überhörte das permanente Blubbern rechts in meinem Gehörgang und wandte ihm mein linkes Ohr zu, um auf seine Übersetzung zu warten. Aber die kam nicht. Dafür die Frau im weißen Kittel, die neben dem Arzt am Schreibtisch gesessen hatte. Sie reichte mir leise vor sich hin sprechend ein Rezept: »Eine Woche Bettruhe, drei Tabletten, dauert sicher den ein oder anderen Tag.« Ich nickte so, dass mein Kopf durch die Bewegung nur halb zu explodieren drohte, und wiederholte das, was ich hinter dem dumpfen Fiepen und Pochen verstanden hatte. »Eine xxx (nicht verstanden) Tablette(n/xxx) (nicht verstanden), xxx (nicht verstanden) am Tag (nicht verstanden).« (Doch da hatte der Weißkittel den Raum schon verlassen.) Auch der Apotheker wies streng auf die Einnahmeregeln hin. »Ja, ja«, murmelte ich im Fieberwahn. Ich wollte einfach nur nach Hause.

Meine Eltern waren (mal wieder) verreist. Thüringen oder Tunesien, ich weiß es nicht genau, irgendwohin mit T.

Ich bezog mein Lager im heimischen Wohnzimmer. Doch es wurde nicht besser mit den Tagen, im Gegenteil: Ich fragte mich, immer wenn ich ein Ohrstäbchen in mein rechtes Ohr schob (vielleicht höre ich dann endlich besser?), warum sich das so anfühlte, als steckte ich es in warmen Vanillepudding. Komisch. Denn in der Packungsbeilage stand als mögliche Nebenwirkung gar nichts von Vanillepudding im Ohr. Na ja, Mami wird mir schon helfen. Als meine Eltern wiederkamen, waren sie sehr braun. Also doch Tunesien oder Solarium in Thüringen (unwahrscheinlich). Aber sie sahen gar nicht erholt aus, als sie in das abgedunkelte Wohnzimmer kamen, in dem ich auf einer Capri-Sonne-Packungs-Müllhalde (Capri Sonne hat viel Vitamine) lag und vor mich hin glühte wie das Innere der Erde. Zudem wunderten sie sich über die vielen griechischen Wimpel an den Wänden. Mein Vater sagte was von »bleicher als Dracula«, und meine Mutter schrie mich an, ob ich »ein kleiner dummer Junge« sei. Also … irgendwie schon.



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