Ein Tag, zwei Leben by Jessica Shirvington

Ein Tag, zwei Leben by Jessica Shirvington

Autor:Jessica Shirvington [Shirvington, Jessica]
Die sprache: deu
Format: epub
Amazon: B00GMH6HPM
Herausgeber: cbt
veröffentlicht: 2014-01-09T23:00:00+00:00


17 – Roxbury, Dienstag

Ethan brachte Abendessen auf einem Tablett herein und stellte es auf einen dieser Rolltische, bevor er sich im Lehnstuhl niederließ.

Ich hatte mit dem Brot zu kämpfen – fast so heftig wie mit der Stille. Die Brühe war jedoch gut und besänftigte meinen rauen Hals.

Nachdem ich mit dem Essen getan hatte, was ich konnte, stand Ethan auf, nahm das Tablett und ging hinaus. Einen Augenblick später kam er mit einem Telefon in der Hand wieder zurück.

Er hielt es mir hin. »Tut mir leid, aber ich muss im Zimmer bleiben. Ich werde versuchen, nicht zu stören«, sagte er verlegen.

Ich nahm das Telefon und tippte Capris Nummer ein, während Ethan zum Fenster ging und dort mit dem Rücken zu mir stehen blieb.

»Yep«, meldete sich Capri. Ihre Standardbegrüßung.

»Capri, ich bin’s.«

»Sabine?«

»Ja.«

»Du klingst schrecklich. Wo warst du?« Sie senkte die Stimme. »Wenn du am Sonntag die ganze Nacht auf Party warst und erst jetzt wieder in die Welt der Lebenden auftauchst, dann bin ich so was von sauer!«

Ich lächelte finster. Capri lag so was von falsch und hatte doch gleichzeitig recht. »Nein. Nichts dergleichen. Ich, ähm … es geht mir nicht so gut.«

»Wo bist du? Ich war bei euch zu Hause, aber dein Dad ist so was von ausgerastet! Wollte mich partout nicht reinlassen! Deshalb sind Davis und ich an diesem fetten Baum vor deinem Zimmer hochgeklettert und eingebrochen. Du warst nicht da, offensichtlich.«

»Moment mal, wie habt ihr das Fenster aufgekriegt?«

»Ach, das.« Ich sah es vor mir, wie sich Capris Gesicht schuldbewusst verzerrte. »Na ja, Davis hatte ein Brecheisen im Auto, und wir kamen überein, dass dieses Fenster ein Sicherheitsproblem darstellt. Es klemmt praktisch schon immer. Ich meine, was ist, wenn ein Feuer ausbricht und du eines Tages wirklich darauf angewiesen bist, rauszukommen? Es war eigentlich ein Dienst für das Gemeinwohl.«

Ich ließ das Gesicht in meine Hand sinken. »Du weißt ja gar nicht, wie recht du hast«, murmelte ich und wünschte, Davis und sein Brecheisen wären da gewesen, als das Irrenhaus-Anwerber-Team da war, um mich fortzuschleppen.

»Was?«, erwiderte Capri, sie klang, als würde sie hoffen, aus dem Schneider zu sein.

»Nichts. Und du hast recht, das mit dem Fenster ist egal.«

Ich hörte, wie sie ausatmete. »Bist du jetzt also zu Hause?«

»Nein, ich, ähm … ich bin … ich bin in einer Klinik«, sagte ich; meine Stimme war immer noch heiser.

»Oh, mein Gott! Warum?«

»Es ist nur … irgendein Virus oder so. Sie wissen es nicht, deshalb testen sie mich auf dieses und jenes.« Ich rang um Worte, weil ich merkte, dass ich mich auf dieses Gespräch nicht so richtig vorbereitet hatte.

»Ach, du armes Ding. Angus und ich kommen dich morgen früh vor der Schule besuchen. Davis auch, er hat sich wirklich Sorgen gemacht, Sab.« Ich wusste, wohin das führte.

»Capri, kannst du das mit Davis jetzt mal bitte lassen? Ich mag ihn nicht auf diese Art. Und das werde ich auch nie.« Ich weiß nicht, warum, aber in diesem Augenblick huschte mein Blick zu Ethans regloser Gestalt; er hatte mir immer noch den Rücken zugekehrt. Ich bin mir nicht sicher, was ich erwartet hatte.



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