Dunkle Tage by Kunz Gunnar

Dunkle Tage by Kunz Gunnar

Autor:Kunz, Gunnar [Kunz, Gunnar]
Die sprache: deu
Format: epub, azw3, mobi
Tags: Krimi/Thriller
Herausgeber: Sutton Verlag GmbH
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


14

Hendrik schlief schlecht diese Nacht und wachte zwischendurch immer wieder auf. Dann lag er in seinem Bett, starrte die Decke an und fragte sich, ob nach anderthalb Jahren der Traum eines demokratischen Staates auf deutschem Boden schon wieder ausgeträumt sein sollte.

Um fünf stand er auf und setzte sich an seinen Schreibtisch, doch alles, was er zustande brachte, waren gedankenverlorene Kritzeleien, die seine düstere Stimmung widerspiegelten.

Um halb sieben, als es hell zu werden begann, hielt er es nicht länger aus, zog sich an und begab sich zu Fuß Richtung Stadtmitte. Er war nicht der Einzige, der unterwegs war, um sich Gewissheit über den Putsch zu verschaffen. Überall begegneten ihm Leute, manche bedrückt und besorgt, viele hoffnungsfroh.

Als er wenige Minuten nach sieben frierend den Pariser Platz erreichte, waren die Döberitzer Truppen unter den Augen einer dicht gedrängten Menge soeben dabei, mit Musikbegleitung durch das Brandenburger Tor in die Stadt einzumarschieren, um anschließend das Regierungsviertel zu besetzen. Menschen jubelten ihnen zu und schwenkten schwarz-weiß-rote Fahnen. Einige übergaben den Soldaten Geschenke. Diejenigen, die dem verbrecherischen Unternehmen feindselig gegenüberstanden, schwiegen. Hendrik erkannte den kahlen Schädel des einstigen Polizeipräsidenten Traugott von Jagow an der Spitze der Soldaten. Er sah nicht so aus, als versuche er, dem Putsch Einhalt zu gebieten. Es sei denn, er verwechselte die Richtungen.

Einige der Soldaten trugen am Stahlhelm das Hakenkreuz, ursprünglich ein Sonnenzeichen asiatischer Herkunft. Was für eine Ironie, dass dieses Symbol nun ausgerechnet dafür herhalten sollte, die Überlegenheit der eigenen Rasse über eben jene Völker zu dokumentieren!

Die Regierung war geflohen, hieß es. Manche hielten es für einen klugen Schachzug, sich nicht in die Gewalt der Militärs zu begeben, viele sprachen von Feigheit.

„Jottseidank, jetz jeht die Schiebawirtschaft zu Ende“, hörte Hendrik einen Schaulustigen ausrufen.

Eine dicke Frau lachte über das ganze Gesicht. „Nu’ wird allet jut, sonst steicht die Butta noch uff hundert Mark det Fund.“

Hendrik schob sich weiter. Er machte sich Gedanken um Diana. Würde sie sicher zu ihrer Tagung kommen? Konnte die überhaupt stattfinden? Er musste sie unbedingt anrufen!

Unterdessen war er der Spitze des Trupps zum Regierungsviertel gefolgt. Die Sipo, die Sicherheitspolizei, stand verloren in der Gegend herum und wusste offensichtlich nicht, was zu tun war. Irgendwann wurde ein Befehl ausgegeben, der sie in ihre Kasernen zurückbeorderte. Friedlich zogen die Männer ab, ohne auch nur den Versuch gemacht zu haben, ihrer Aufgabe nachzukommen. Die Sipo war bedenkenlos übergelaufen. Nicht weiter verwunderlich, immerhin bestand sie aus lauter disziplingewohnten Soldaten, die nur im äußersten Notfall von ihrem eigenen Verstand Gebrauch machten. Wenn die Menschen nicht in der Lage sind, demokratische Freiheiten auszuhalten, dachte Hendrik, dann sollen sie doch die eingebrockte Suppe auslöffeln, mit allen Konsequenzen!

Antons dahingesagte Bemerkung kam ihm wieder in den Sinn. Ist denn eine andere Welt möglich? Auf den ersten Blick eine naive Frage. Doch je mehr er darüber nachdachte, desto stärker fühlte er die Widerhaken. Gab es eine Alternative zum Lauf der Welt? Hätte eine Chance bestanden, den Putsch zu verhindern? Oder war dies alles unausweichlich gewesen?

Den ganzen Tag über wanderte Hendrik ziellos durch die Stadt. Offiziere durchritten die Straßen und verlasen Bekanntmachungen.



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