Drei Frauenschicksale by Ellen Key

Drei Frauenschicksale by Ellen Key

Autor:Ellen Key [Key, Ellen]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: S. Fischer, Verlag, Berlin
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Siebentes Kapitel

Was im äußeren wie im inneren Sinn Unruhe in ihr Leben brachte, war, daß sie sich der Liebe genähert hatte, nicht der großen lebensentscheidenden, doch dem Vorhof der Liebe, einer stark erotisch betonten Seelenverwandtschaft oder Freundschaft, der doch keiner der Beteiligten gestatten wollte, mehr zu werden.

In den nun folgenden Jahren hielt Anne-Charlotte Leffler sich viel in Norwegen und Dänemark auf, und in Stockholm wurde der eifrige, anregende Verkehr mit Sonja Kovalevska fortgesetzt. Die vielen, in dieser Zeit empfangenen neuen Lebenseindrücke spiegeln sich reich, aber unruhig in »Eine Sommergeschichte«. Anne-Charlotte Leffler fühlte, daß bei ihrem Temperamente die durchlebte, nicht die noch fortdauernde Entwicklung der Produktion erhöhte Kraft gab. Sie schreibt so (Juni 1886):

»Es war die Ansicht der Romantik: je reicher das persönliche Leben, je stärker die Konflikte, desto besser die Produktion. Aber die moderne Schule, vor allem Zola, vertritt die entgegengesetzte Ansicht, und ich glaube mit größerem Recht. Je weniger persönliche Konflikte, sagen sie, desto mehr aufgesparte Kraft, die man in das Kunstwerk legen kann. Ich fühle, daß das wahr ist. Vor den Kämpfen und Gefühlen des persönlichen Lebens verblaßt die Kunst und wird von untergeordneter Bedeutung; nur wenn das eigene Leben nicht auf unsere Phantasie Beschlag legt, kann diese frei schaffen. Nur wenn man seine Gefühle nicht an die Wirklichkeit vergeudet, kann man Leidenschaft und Glut in die Dichtung legen.«

Schon in »Weiblichkeit und Erotik I.« hatte Anne-Charlotte Leffler mit außerordentlicher Feinheit die neue psychologische Erscheinung der Gegenwart geschildert, die Stellung der modernen, entwickelten, weiblichen Individualität zur Erotik. Da hatte sie die Heldin ihr Glück von sich weisen lassen, als dieses ihr von dem Manne, den sie liebte, geboten ward, weil sie fühlte, daß er gerade von dem Modern-Individuellen, dem persönlich Entwickelten in ihrem Wesen nicht angezogen, ja geradezu abgestoßen wurde, während der naive, unentwickelte Mädchentypus, das alte Frauenideal, ihn sogleich bezauberte.

Anne-Charlotte Leffler griff nie tiefer ins Leben, das Leben, das rings um uns gelebt wird, als mit der erwähnten Novelle und mit »Eine Sommergeschichte«, wo sie eine nicht nur liebende, sondern auch geliebte entwickelte weibliche Persönlichkeit eine Ehe schließen läßt. So bekommt diese die für menschliche Kräfte fast überwältigende Aufgabe zu lösen: ganz die Gattin und mitfühlende Lebenshelferin zu sein, ganz die Mutter ihrer Kinder, ganz Hausfrau und ganz eine Individualität mit eigenen Entwicklungs- und Arbeitsforderungen. Hier läßt die Verfasserin zum ersten Male die erotische Forderung zu einer ebenso starken Macht im Leben eines Weibes werden wie die persönliche Entwicklungsforderung, und darum wird auch das Leben dieser Heldin ein zersplittertes, denn sie kann beiden Forderungen nicht gerecht werden.

Die Verfasserin stellt hiermit den Konflikt dar, der sich täglich im Leben zahlloser, entwickelter Frauen abspielt. In einer Besprechung der »Sommergeschichte« sagte ich, daß »die Zukunft vielleicht die Belletristik der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts als die Literatur von der Frau und über die Frau bezeichnen wird«, was bedeutet, daß die wichtigste neue »Hauptströmung« in der Literatur das Hervortreten des weiblichen Elementes ist, die Bekenntnisse der Frauen über sich selbst, die neue Auffassung der Männer von der modernen Frauennatur und ihre Konflikte mit



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