Die Unheimlichen by Wolf Stefan
Autor:Wolf, Stefan [Wolf, Stefan]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
16. Gefesselt und geknebelt
Leise dudelte das Radio. Paul Panutzke schob sich näher an die Tür der Laube.
Jetzt hörte er Roderich Schackl, jedenfalls dessen Schritte.
Er ging hin und her auf den Holzdielen.
Panutzke, Leiche genannt, zog die Pistole aus der Tasche und trat ein.
Die Schrebergartenlaube war ziemlich groß, aber mit Holztisch und Stühlen nur spärlich möbliert.
Schackl stand in einer Ecke, mit dem Rücken zur Tür, und kramte in einer kleinen Kiste.
Da sich die Eingangstür verdunkelte, merkte er, daß er nicht mehr allein war.
„Hier könnten wir sie reintun, Friedhelm“, sagte er über die Schulter, „und dann...“
Stimmte was nicht?
Er sah sich um.
Ihre Blicke stießen gegeneinander wie zuschlagende Fäuste.
Schackl wurde pfahlsteif. Sein Kiefer sank herab. Die langen Schneidezähne kamen noch deutlicher zum Vorschein.
„Da bin ich, du Dreckskerl. Erkennst mich, wie?“
„Was? Nein. Wer... sind Sie? Ich... kenne Sie nicht.“
Schackl stotterte. Sein Blick flackerte. Er log.
Panutzke grinste. „Aber ja. Du weißt, wer ich bin. Ihr habt ziemlich hart zugeschlagen, gestern abend. Hinter dem Abbruchhaus am Fliederweg. Du und der andere.“
Schackl starrte auf die Pistole in Panutzkes Hand.
„Ich... habe Sie nicht geschlagen.“
„Ich weiß. Dir ist fast das Herz gebrochen, als mir dein Kumpel eins verpaßte. Wo ist mein Geld?“
„Ihr... was?“
„Mach mich nicht ärgerlich. Sonst bleibt kein Knochen an dir ganz. Wo mein Geld ist, will ich wissen! 820 000 waren in dem Koffer, den ich dort vergraben hatte.“
Schackls Zunge fuhr nervös über die Lippen. Er linste an Panutzke vorbei in den Garten. Dort badeten kahle Sträucher im Sonnenschein. Sonst war nichts los.
„Ihr Geld? Machen Sie Witze? Mann! Das war ein einziger Matsch. Papiermasse. Brei. Geldscheinpudding. Nicht mehr zu gebrauchen.“
„Ach nee?“
Panutzke spürte Unbehagen, aber nur für einen Moment. Schackl log. Diese Überzeugung gewann die Oberhand.
„Ja, doch, Mann! Ein Jammer um das schöne Geld.“
„Und weshalb habt ihr’s dann mitgenommen?“
„Weil... äh... Friedhelm fand’s lustig.“
„Ich frage zum letzten Mal: Wo ist mein Geld?“
„Die Pampe ist bei Friedhelm. Er... er kommt gleich... äh...“
Schackl biß sich auf die Lippen.
„Wolltest du sagen, er kommt gleich her?“
Schackl schwieg.
Panutzke ging auf ihn zu.
„Leg dich auf den Boden! Gesicht nach unten! Hände auf den Rücken!“
Der Blonde erstickte fast an seiner Wut. Aber ihm blieb keine Wahl.
Panutzke sah ein Stück Wäscheleine, das an der Wand hing. Damit fesselte er ihn.
Schackl mußte sich in eine Ecke hocken. Ein Putzlumpen wurde ihm als Knebel zwischen die Zähne gepreßt.
Panutzke tastete seine Taschen ab, fand aber nur ein Springmesser, keine Pistole.
Das Radio brabbelte. Panutzke stellte es ab.
Läuft ja wie geschmiert, dachte er. Der Mistkerl liegt hier auf Eis. Der andere tanzt gleich an. Wahrscheinlich hat er mein Geld bei sich, und ich bin am Ziel.
Sein Blick fiel auf die Holzkiste, mit der sich Schackl beschäftigt hatte.
Sie enthielt Schrauben und Nägel. Werkzeuge lagen daneben: Schlichthobel, ein Satz Gabelschlüssel, Hammer, Bügelsäge, Schraubendreher, Sägeraspel, Kleinschraubstock, Schruppfeile, Eckrohrzange und Fuchsschwanz.
Offensichtlich war Schackl damit beschäftigt gewesen, die Kiste leerzuräumen.
„Verstehe“, sagte der ehemalige Strafgefangene. „Dein Freund Friedhelm bringt das Geld mit. Und hier wollt ihr’s verstecken. Richtig? Aber doch nicht hier in der Laube! Das wäre zu riskant. Es soll vergraben werden — in dem stabilen Kistchen. Und dann und wann holt ihr euch, was ihr braucht.
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