Die Schatten von Cambridge by Jim Kelly

Die Schatten von Cambridge by Jim Kelly

Autor:Jim Kelly [Kelly, Jim]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2022-07-15T00:00:00+00:00


KAPITEL EINUNDDREISSIG

Zwei Morde in drei Tagen und ein Bombenanschlag verlangten nach einer schnellen öffentlichen Reaktion seitens des Borough. Trotz der Verwerfungen des Krieges erwartete die Stadt, dass die Straßen sicher blieben, auch nach Einbruch der Dunkelheit, zumindest solange die Sirenen nicht heulten. O’Learys brutale Ermordung ließ Alarmglocken läuten. Würde die Spirale der Gewalt außer Kontrolle geraten? War der zweite Bombenanschlag nun nicht mehr zu verhindern? Ein Constable war zum Spinning House geschickt worden, um Chief Inspector Carnegie-Brown zu informieren, die ihrerseits zweifelsfrei den Chief Constable anrufen würde. Der bürokratische Druck, Maßnahmen zu ergreifen, war schon jetzt eine Bürde, die bis zur Morgendämmerung unerträglich werden dürfte. Nicht zum ersten Mal erwies sich Brookes Insomnie als wahrer Segen.

Mit der Erlaubnis von Pater Ward richtete er ein Lagezimmer in der St. Alban’s Church ein, so nahe wie möglich am Tatort. Das hatte den zusätzlichen Vorteil, dass es dort ein Telefon, ein Büro und eine Heizung gab, dank der Haushälterin, die man geweckt und aus dem Bett gezerrt hatte, damit sie den Kessel anheizte. Binnen weniger Minuten stieg heiße Luft aus den viktorianischen Lüftungsgittern empor und erfüllte das Kirchenschiff mit warmem Mief, durchzogen vom anhaltenden Aroma des Weihrauchs.

Constables kamen und gingen, meldeten sich bei Edison und nahmen Tee von Mrs Aitken entgegen. Pflichtbewusst brachte sie auch Brooke einen Becher ins Büro und setzte sich auf den Stuhl auf der anderen Seite des priesterlichen Schreibtischs. Brooke hatte das Gefühl, die bescheidene Bezeichnung »Haushälterin« wurde Aitkens Stellung in St. Alban’s nicht gerecht. Manchmal schien es sogar, als stünde sie im Rang über Pater Ward.

»Es heißt, es hätte einen Toten gegeben, oben auf Honey Hill. Einen Iren? Ist das richtig, Inspector?«, fragte sie und sah ihm dabei direkt in die Augen.

Sie hatte ihre eigene Tasse mitgebracht, die sie mit einer Hand auf ihrer Untertasse perfekt im Gleichgewicht hielt. Etwas an ihrem Akzent störte für Brookes ungeschultes Ohr jedoch den Gesamteindruck; die musikalische Note fehlte, und er hatte einen scharfen urbanen Unterton.

»Ja. Bekannt unter dem Namen O’Leary. Vorname Patrick, aber das dürfte ein Deckname sein. Ein großer Mann, Bauarbeiter, aber auch für deren Maßstäbe ein Arbeitspferd.«

»Klingt nach einem Music Hall Paddy. Dicke Muskeln, aber Stroh im Kopf. Gibt es sonst nichts, wodurch er sich von der Masse abhebt? Dies ist eine kleine Gemeinde. Wir könnten ihn kennen, wissen Sie?«

Sie zog eine Haarnadel aus der Tasche und fing geschickt eine Strähne ein, die sich aus dem roten Schopf gelöst hatte.

»Er mochte Poesie. Da lag ein Buch neben seinem Bett, in gälischer Sprache, glaube ich, aber ich bin kein Experte.«

Eine Sekunde lang sah sie Brooke nur an, und ihre linke Hand schob die bunten Kupferreife herum, die sich zwischen Handgelenk und Ellbogen auf ihrem rechten Arm drängelten.

»Sie wären überrascht, wie viele diese alte Sprache immer noch sprechen, Inspector. Sogar hier, in der Upper Town.«

Brooke dachte über den sorgsam ausgeführten Schriftzug am Fuß des Newton-Masts nach. Was hatte Dr. Phipps gesagt? Eine geschulte Hand.

»Aber können die Leute sie auch schreiben?«, fragte Brooke.

Tassen klapperten im Hauptteil der Kirche, und Aitken sprang auf. »Das ist eine wirklich seltene Fertigkeit«, räumte sie ein.



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