Die Pilgerin by Lorentz Iny

Die Pilgerin by Lorentz Iny

Autor:Lorentz, Iny [Lorentz, Iny]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2012-08-13T16:27:54+00:00


II.

Am nächsten Tag erreichten sie kurz nach dem Mittagsläuten die Rhône. Die Nebenläufe des in seinem Tal mäandrierenden Flusses konnten sie auf einfachen Stegen überqueren oder an Stellen durchwaten, an denen im Wasser versenkte Felsbrocken künstliche Furten bildeten. Doch der mächtige Hauptstrom musste zu Schiff bezwungen werden.

Vater Thomas hielt auf die Anlegestelle zu, an der eben eine Fähre beladen wurde. Kaufleute mit ihren Fuhrwerken hatten Vorrang vor allen anderen Passagieren, denn sie zahlten am besten. Gerade wurden drei Gespanne auf den großen Prahm geschafft, und da die Ochsen zu unruhig waren, hatte man sie ausgespannt und die Pilger und die Reisenden zu Fuß aufgefordert, zuzugreifen. Sie taten es gerne, erhofften sie sich dadurch doch eine kostenlose Überfahrt.

Auch Ambros, Dieter und Manfred halfen mit, ohne dass es ihnen befohlen wurde. Tilla hingegen musterte die Zahl der Pilger, zählte dann die Männer und Tiere der Reitergruppe, die etwas abseits wartete, und betrachtete zuletzt die Fähre, die unter der Last der Zugochsen so tief lag, dass die Bordwand nur noch eine Handspanne über das Wasser ragte. Das bereitete ihr Sorge, denn sie hatte erlebt, wie überladene Fähren auf der Donau untergegangen und die Menschen darauf elendiglich ertrunken waren. Die meisten hier schienen diese Befürchtung jedoch nicht zu teilen, sondern versuchten alle gleichzeitig auf die Fähre zu gelangen.

Der Ferge wies seine Knechte an, die Fußgänger mit ihren Stangen zurückzutreiben, und verneigte sich in Richtung der Reiter. »Wenn die hohen Herrschaften so gnädig wären, meinen Nachen zu betreten.«

Der Anführer der Gruppe, ein Ritter in einem mit dunklem Leder überzogenen Harnisch und einem konischen, federgeschmückten Helm auf dem Kopf, setzte seinen schweren Braunen in Bewegung und lenkte ihn durch die dicht gedrängten Pilger. Dabei teilte er die Menge für seine Begleiter, zu denen auch ein junges Mädchen gehörte, das höchstens vierzehn Jahre zählen mochte. Sie trug ein am Hals hochgeschlossenes, grünes Kleid, dessen Rock die Füße der Reiterin und den Rumpf des Pferdes bedeckte. Ein Häubchen mit einem Schleier beschattete ihr Gesicht und ließ nur kalt blitzende, blaue Augen erkennen.

Sie schien die Pilger in ihren einfachen und teilweise sogar abgerissenen Gewändern nicht einmal zu bemerken, denn sie ritt zwischen ihnen hindurch, als bestünden sie aus Luft. Vier Reisige in Lederrüstungen und einer grünen Schärpe um die Hüften vervollständigten den Zug.

Rudolf von Starrheim maß den Platz auf der Fähre und erkannte, dass nur wenige der Pilger würden mitfahren können. Mit einer energischen Bewegung wandte er sich an den Fergen. »Halt, Freund, als Erstes solltest du jene mitnehmen, die dir geholfen haben, die Wagen auf dein Boot zu schieben.«

»Hier quakt wohl ein Frosch«, spottete die junge Dame, die gerade an ihm vorüberritt. Für den jungen Edelmann war dies zu viel. Seine Hand schnellte vor, packte den Zaum ihrer weißen Stute und zwang diese stehen zu bleiben.

»Dafür wirst du mir Abbitte leisten, mein Kind!« Er sah sie zornig an und wollte, als er ihr Unverständnis in den Augen las, bereits seinen Namen nennen, damit sie wusste, mit wem sie es zu tun hatte.

Einer der Reisigen zog das Schwert und holte aus, um den Burschen niederzuschlagen, der es gewagt hatte, seine Herrin aufzuhalten.



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