Die Macht der Geographie by Marshall Tim

Die Macht der Geographie by Marshall Tim

Autor:Marshall, Tim [Marshall, Tim]
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
Herausgeber: dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München
veröffentlicht: 2015-11-19T23:00:00+00:00


Auch wenn es keinen anerkannten Staat gibt, so gibt es doch eine Region »Kurdistan«. Da sie sich über mehrere Grenzen erstreckt, ist dies ein möglicher Krisenherd, falls die kurdischen Gebiete versuchen, ein unabhängiges Land zu etablieren.

Verschiedene arabische Stämme hatten die Briten im Ersten Weltkrieg gegen das Osmanische Reich unterstützt, doch zweien von ihnen versprach London eine besondere Belohnung nach Kriegsende. Dummerweise wurde beiden dasselbe versprochen – die Kontrolle über die arabische Halbinsel. Angesichts der Tatsache, dass die Stämme der Saud und der Haschemiten häufig gegeneinander kämpften, war das etwas ungeschickt. Also entstaubte man in London die Landkarten, zog einige Linien und erklärte, das Oberhaupt der Familie Saud könne das eine Gebiet regieren und das der Haschemiten das andere. Allerdings würden beide einen britischen Diplomaten »benötigen«, der ein Auge auf die Dinge hätte. Der saudische Führer landete schlussendlich einen Treffer, indem er seinem Territorium seinen eigenen Namen gab. Daher kennen wir das Gebiet als Saudi-Arabien – dem würde in etwa entsprechen, das Vereinigte Königreich »Windsorland« zu nennen.

Als Verwaltungskleinkrämer nannten die Briten das andere Gebiet »Transjordanien«, was die Kurzform von »Land jenseits des Jordans« war. Eine staubige Kleinstadt namens Amman wurde zur Hauptstadt von Transjordanien gemacht, und als die Briten 1948 das Land verließen, änderte man den Namen in Jordanien. Doch die Haschemiten kamen nicht aus der Gegend von Amman: Sie gehörten ursprünglich zum mächtigen Stamm der Quraisch aus der Region Mekka, während die Einwohner von Amman überwiegend Beduinen waren. Heute ist die Mehrheit der Einwohner palästinensisch: Als Israel 1967 das Westjordanland besetzte, flohen viele Palästinenser nach Jordanien, das ihnen als einziges arabisches Land die Staatsbürgerschaft anbot. Daher sind jetzt die meisten der 6,7 Millionen Jordanier Palästinenser, und viele von ihnen betrachten sich nicht als loyale Untertanen des gegenwärtigen haschemitischen Herrschers König Abdullah. Zu diesem Problem kommen noch eine Million Flüchtlinge aus dem Irak und aus Syrien, die das Land ebenfalls aufgenommen hat und die seine äußerst limitierten Ressourcen enorm strapazieren.

Derartige Veränderungen in der Demographie eines Landes können große Probleme bewirken – und nirgendwo sind sie größer als im Libanon.

Bis Anfang des 20. Jahrhunderts betrachteten die Araber das Gebiet zwischen dem Libanon-Gebirge und dem Meer schlicht als Provinz der Region Syrien. Die Franzosen, die es nach dem Ersten Weltkrieg in die Finger bekamen, sahen das anders.

Die Franzosen waren seit Langem Verbündete der arabischen Christen in der Region und als eine Art Dankeschön formten sie an einem Ort, wo diese in den 1920ern der dominierende Bevölkerungsteil zu sein schienen, ein Land für sie. Da es für dieses Land keinen anderen Namen gab, benannten es die Franzosen nach den nahe gelegenen Bergen, und der Libanon war geboren. Diese geographische Grille hielt bis Ende der 1950er. Zu diesem Zeitpunkt wuchs die Geburtenrate bei den Schiiten und Sunniten im Libanon stärker als bei den Christen, zudem war die Zahl der muslimischen Bevölkerung stark angestiegen durch Palästinenser, die 1948 vor dem arabisch-israelischen Krieg im benachbarten Israel/Palästina geflohen waren. Im Libanon gab es einzig 1932 eine offizielle Volkszählung, denn die Demographie ist eine sensible Angelegenheit und das politische System basiert zum Teil auf Bevölkerungsquoten.



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