Die Liebe des Kartographen: Roman by Durst-Benning Petra
Autor:Durst-Benning, Petra [Petra, Durst-Benning,]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Bd. 26787
ISBN: 9783548256627
Herausgeber: Ullstein
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
~ 38 ~
Irgendwie gelang es ihnen, den Abend mit einer versöhnlichen Note ausklingen zu lassen, was aber nur daran lag, dass keiner von beiden das Thema Adalbert Hyronimus erneut ansprach. Der Bauer, dem die Scheune gehörte, brachte einen Krug Bier, saure Brotfladen und frischen Käse vorbei und wollte noch nicht einmal etwas dafür haben. Ausgehungert tunkten sie das Brot in den Käse und schlangen große Bissen davon hinunter, ohne ein Wort miteinander zu reden. Noch immer sträubte sich Philip gegen die neuen Komplikationen, die er in seinem Leben sprießen sah wie Pilze in schwüler Witterung. Ein paar Mal öffnete er den Mund, brachte aber nichts heraus, und Xelia munterte ihn auch nicht dazu auf. Sie konnte ihre Enttäuschung über seine zögerliche Haltung nicht einfach wegfegen. Wie konnte ein Mensch, mit dem sie so starke Gefühle verbanden, derart anders denken und empfinden als sie? Sprachen sie eigentlich dieselbe Sprache?, fragte sie sich. Doch als es daran ging, sich für die Nacht fertig zu machen, krabbelte sie zu ihm unter seine Decke, schlüpfte ganz eng an ihn heran, als wolle sie durch den körperlichen Kontakt die Kluft, die zwischen ihnen entstanden war, überbrücken. Und Philip wehrte sie nicht ab, wie sie für einen kurzen Augenblick befürchtet hatte, sondern drückte sie so fest an sich, dass ihr das Luftholen schwer fiel. Gewärmt durch seinen Körper, fühlte sie ihre Glieder schwer werden und schlief bald darauf ein.
Am nächsten Morgen war Philip beim ersten Tageslicht auf den Füßen. Er ging hinüber zum Haus des Aussiedlerbauern, um nochmals etwas Brot und Käse – diesmal gegen Bezahlung – zu erbitten. Außerdem bat er darum, Alois für einen Tag im Heuschober unterstellen zu dürfen. Der Mann willigte sofort ein und bot auch ihnen den Schober für eine weitere Nacht an. Das würde man sehen, meinte Philip unverbindlich. Er müsse heute hinein in die Stadt, und je nachdem, wie zügig er seine Erledigungen tätigen konnte, würde er abreisen. Zuletzt bat er den Bauern um zwei Eimer Wasser.
Zurück in der Scheune, stellte er Xelia und Alois wortlos je einen Wassereimer vor die Füße.
Xelia, die sich schon den Mantel übergeworfen hatte, blickte überrascht auf. Während Alois geräuschvoll große Maulvoll Wasser hinuntergurgelte, wusch sie sich von Kopf bis Fuß, nahm eine Hand voll Heu, schlang es zu einem Knoten zusammen und trocknete sich damit ab, bis ihre Haut rosig und warm war. Dass Philip an das Wasser für sie gedacht hatte, sorgte zusätzlich für innere Wärme.
Seit dem Wachwerden hatten sie noch kein Wort miteinander geredet, und sie überlegte krampfhaft, wie sie anfangen sollte. Lange konnten sie die Entscheidung darüber, wie es nun weitergehen sollte, nicht mehr aufschieben – besser, sie brachten es gleich hinter sich! Sie holte Luft. Vielleicht hatte er ja recht, und es war wirklich besser weiterzuziehen, dachte sie halbherzig.
»Ich …«, begann Xelia.
»Was …«, sagte Philip gleichzeitig. Während Xelia wenigstens ein kleines Lächeln gelang, blieb Philips Blick grimmig. »Auch wenn du es für überflüssig hältst – ich hab’ nochmals über die ganze Sache nachgedacht.«
Es wurde ein langer Tag für sie.
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