Die Kolonie by A. J. Colucci

Die Kolonie by A. J. Colucci

Autor:A. J. Colucci [Colucci, A. J.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-07-01T16:00:00+00:00


25. KAPITEL

Noch fünf Stunden bis zur Morgendämmerung. Ein riesiger Mond warf ein geisterhaftes Licht auf die Stadt. Dünne Rauchfahnen und Aschepartikel, weiß wie Schneeflocken, wirbelten in der heißen Luft über kleinen Feuern, die überall brannten. Kendra stieg aus der Luke auf das Dach, wo sie erst vor wenigen Stunden gewesen war. Doch jetzt lag ein stechender Schwefelgestank in der kühlen Luft. Über dem Stadtzentrum sprühte eine Flotte von Militärflugzeugen Löschschaum aus ihren schwangeren Bäuchen. Hubschrauber der Nachrichtensender schwärmten über Hausdächern wie Moskitos über einem Zeltlager. Aus der Ferne klangen die Sirenen der Einsatzfahrzeuge, die ziellos durch die Gegend kurvten. Durch die zerbrochenen Schaufenster von Hunderten von Geschäften drang das Jaulen der Alarmanlagen.

Unmittelbar nach Kendra kletterte Paul aus der Dachluke. Er hatte seinen weißen Schutzanzug bereits angelegt und sah aus wie ein Wesen von einem anderen Stern. Einen zweiten Schutzanzug ließ er vor Kendras Füße fallen. Keiner von beiden sprach ein Wort.

Kendra schlüpfte in den Overall, dessen Material dünn wie Papier zu sein schien, aber sich so kompakt wie eine kugelsichere Weste anfühlte. Das Gewebe war metallisch und steif; atmungsaktiver Stahl von DuPont. Die Exkursion würde ziemlich unbequem werden. Paul zog den Reißverschluss an ihrem Kopfteil zu und prüfte die Dichtungen. Sofort fühlte sie sich beengt, und ihr wurde heiß. Kendra schob die Kapuze zurück und wischte sich über die Stirn.

Paul kniete sich auf die Teerpappe und überprüfte den Inhalt seines Rucksacks: Probefläschchen, Stablampe, Lötlampe, Erste-Hilfe-Kasten, eine Pistole.

„Eine Waffe?“ Kendra musste blinzeln.

„Nicht bloß eine Waffe. Eine Beretta 92f.“

Sie wollte protestieren, aber Paul schnitt ihr das Wort ab.

„Du hast gehört, was der General gesagt hat. Da draußen gibt es ziemlich verzweifelte Menschen.“ Paul kniff ein Auge zusammen und zielte zum Himmel. „Garrett wollte sie mir gar nicht geben. Er glaubt, ich kann nicht damit umgehen.“

„Wahrscheinlich hat er recht.“

„Ich brauchte nur eine kurze Einführung. Er hat mir gezeigt, wie sie funktioniert. Wenn man hier drauf drückt, kann man das Magazin rausholen.“ Paul holte das Magazin heraus. Es war leer. Er überprüfte das Patronenlager. „Dieser Idiot hat mir nur eine Kugel mitgegeben.“

„Ich bin überzeugt davon, dass du ein fähiger Schütze bist. Deine ganze Schießausbildung bei …“

„… den Pfadfindern. Aber das könnte auch eine Signalpistole gewesen sein.“

„Eben.“

Sie betraten den kleinen Aufbau aus Stahl in der Mitte des Daches, wo die Treppe begann. Über schmale Stufen stiegen sie fünf Etagen hinunter ins Erdgeschoss und landeten vor einem Büro, auf dessen Milchglastüren in goldenen Lettern Vereinte Nationen – Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit stand.

„Was ist das hier für ein Gebäude?“, wollte sie wissen.

„Sieht genauso aus wie unten. Die Notfallzentralen von UNO, FBI, CIA und all den anderen Mächtigen.“

Rasch liefen sie über den türkisfarbenen Teppichboden. In allen Büros brannte Licht. Aus den Fernsehern drangen Rauschen oder die Anweisungen der Notfallsender. Telefonhörer lagen neben der Gabel. Über den Boden waren Kaffeebecher und Dokumente verstreut. Die Menschen, die hier arbeiteten, waren Hals über Kopf geflohen.

Paul hörte Stimmen. Er deutete auf ein Büro, in dem er und Kendra einen kleinen Fernseher mit einwandfreiem Empfang entdeckten. Ein paar Sekunden blieben sie stehen, um die Nachrichten zu sehen.



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