Die Geschichte des Wassers by Maja Lunde

Die Geschichte des Wassers by Maja Lunde

Autor:Maja Lunde [Lunde, Maja]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: btb
veröffentlicht: 2018-02-25T23:00:00+00:00


SIGNE

Das Geräusch des Sturms steckt in mir, ich erwache jäh, und er tobt noch immer in meinen Ohren, um im nächsten Moment zu verschwinden, denn jetzt lärmt die Stille in mir. Ich liege auf den Bodenplanken und kann mich nicht erinnern, wie ich dorthin gekommen bin, ich muss vor Erschöpfung heruntergefallen sein, liege zusammengekrümmt halb unter dem Salontisch, und über mir ragen die Eiskisten auf, ich bin steif und verspannt, hieve mich in den aufrechten Sitz und spüre, wie alles schmerzt.

Magnus, du standest dort auf dem Fest und sahst mich an, ganz unerschütterlich und ruhig, und ab da gehörten wir zusammen.

Es begann nicht intensiv und heftig, sondern langsam, es sollte Jahre dauern, bis wir etwas anderes taten, als uns anzusehen, bis wir vernünftig miteinander redeten, bis wir uns an den Händen fassten und über den Kiesweg durch das Dorf schlenderten, bis wir uns an den äußersten Rand der Mole setzten, vor allen Blicken verborgen, und uns vorsichtig das erste Mal küssten, bis ich deine Hände losließ, um andere Stellen zu berühren, unter Pullovern, die nach Junge rochen, die glatte Haut auf deinem Rücken, bis wir uns aneinanderklammerten mit all der Lust, mit der wir noch gar nichts anzufangen wussten, bis wir danach wieder den Weg entlanggingen und redeten und redeten, über alles und vor allem darüber, dass es niemanden sonst gab, mit dem wir so reden konnten.

Wir gingen weg vom Fjord, von Wasser und Tal und die Berge hinauf, weil wir dort allein sein konnten. Die Berge und der Gletscher waren unsere Landschaft in diesen Jahren.

Und dann zogen wir beide aus dem Dorf; ich erinnere mich, wie wir auf der Fähre standen und Ringfjorden am Ende des Streifens liegen sahen, den das Kielwasser bildete, wie das Dorf immer kleiner wurde und alles in mir leicht.

Wir wählten Bergen, Magnus hatte dorthin gewollt.

»Von da ist es nicht weit bis nach Hause«, sagte er.

»Für dich ist es ein Zuhause«, erwiderte ich.

»Es wird immer mein Zuhause bleiben.«

»Meins nicht.«

»Darüber sprechen wir in ein paar Jahren noch mal.«

»Wenn du dir so sicher bist, dass es immer dein Zuhause bleiben wird, können wir ja auch weiter wegziehen.«

»Bergen ist gut.«

»Bergen ist nass.«

»Nass ist gut.«

»Wo mein Herz wohnt, bin ich zu Haus.«

»Wie bitte?«

»Das sagt man so, wo mein Herz wohnt, bin ich zu Haus. Aber das ist ein Klischee, und außerdem ein schiefes Bild. Herzen wohnen nicht, Menschen wohnen.«

»Na gut. Ich werde aufhören, Eidesdalen und Ringfjorden als mein Zuhause zu bezeichnen.«

»Von mir aus kannst du es nennen, wie du willst.«

»Für mich bist du Zuhause.«

»Wie süß von dir.«

»Nicht wahr?«

»Und auch das scheint mir sprachlich nicht ganz gelungen.«

»Ich habe fast erwartet, dass du das sagen würdest.«

Doch wir blieben in Bergen, ich nahm es hin, zu dieser Zeit nahm ich vieles von ihm hin. Wir besuchten dieselbe Hochschule, er im Fachbereich Ingenieurwesen, ich im Journalismus, aber die Freizeit gehörte uns, und wir besuchten nur das Mindeste an Kursen, weil so viele andere Dinge passierten. Es war, als wäre die Stadt, ja, ganz Norwegen, gerade erst erwacht, und wir wendeten uns der Welt



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