Die französische Kunst des Krieges by Jenni Alexis

Die französische Kunst des Krieges by Jenni Alexis

Autor:Jenni, Alexis [Jenni, Alexis]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Luchterhand
veröffentlicht: 2015-07-30T00:00:00+00:00


ROMAN V

Der Krieg in diesem blutigen Garten

Es gibt keine Stadt auf der Welt, die Salagnon mehr hasste als Saigon. Die Hitze, die dort jeden Tag herrscht, ist grässlich, und der Lärm ebenfalls. Beim Atmen erstickt man fast, man hat den Eindruck, als sei die Luft mit heißem Wasser vermischt, und wenn man das Fenster öffnet, weil man sich davon Verbesserung erhofft, dringt lauter Straßenlärm herein und macht sich überall breit, auch im Schädel, sodass man sich nicht mehr unterhalten, nicht mehr denken und nicht mehr atmen kann; und wenn man es wieder schließt, bekommt man keine Luft mehr, dann legt sich einem ein feuchtes Laken auf den Kopf, das wie eine Schraubzwinge drückt. An den ersten Tagen in Saigon öffnete und schloss er das Fenster seines Hotelzimmers mehrmals, dann gab er es auf, blieb in der Unterhose auf seinem durchfeuchteten Bett liegen und bemühte sich, nicht zu sterben. Die Hitze ist das Übel dieses Landes; man muss sich daran gewöhnen oder daran verrecken. Es ist besser, man gewöhnt sich daran, nach und nach spürt man sie nicht mehr so sehr. Man denkt nicht mehr an sie, und sie überfällt einen nur urplötzlich, wenn man alle Knöpfe seiner Uniformjacke zuknöpfen, eine zu energische Geste machen, die geringste Last tragen, seinen Seesack aufheben oder eine Treppe hinaufsteigen muss; dann kehrt die Hitze wie ein Platzregen wieder, der den Rücken, die Arme und die Stirn nässt, und auf dem hellen Stoff der Uniform entstehen dunkle Flecken. Salagnon lernte schnell, sich leicht zu kleiden, nichts zu schließen, seine Bewegung zu reduzieren und nur noch weit ausholende Gesten zu machen, damit die Haut keine Haut streifte.

Er mochte auch die aufdringlichen Straßen nicht, den Lärm, der ihn nie in Ruhe ließ, die wimmelnde Menschenmenge; Saigon kam ihm wie ein Ameisenhaufen vor, weil eine Unmenge von sich gleichenden Leuten in alle Richtungen strömten, ohne dass er ihr Ziel erkennen konnte: Soldaten, unauffällige Frauen, Frauen in auffälligen Farben, gleich gekleidete Männer, deren Gesichtsausdruck er nicht zu entziffern vermochte, alle mit schwarzem Haar, und schon wieder Soldaten, Leute, die in alle Richtungen gingen, Rikschas, handgezogene Karren. Und die Bürgersteige waren der Schauplatz einer unglaublichen Vielzahl von Tätigkeiten: dort wurde gekocht, gehandelt, es gab ambulante Frisiersalons, Pediküre, Sandalenreparatur; aber es gab auch Untätige: Dutzende von Männern, die in abgetragener Kleidung dort hockten, rauchend oder nicht, und vage dem Treiben zuschauten, ohne dass man wusste, was sie davon hielten. Soldaten in schöner weißer Uniform fuhren halb ausgestreckt in Rikschas vorüber, andere setzten sich an Tische auf den Terrassen der großen Cafés, unter sich oder begleitet von Frauen mit sehr langem schwarzem Haar, manche Soldaten saßen in mit goldenen Tressen besetzter Uniform auf der Rückbank eines Autos, das sich hupend und mit aufheulendem Motor einen Weg durch die Menge bahnte, die sich hinter ihnen sogleich wieder schloss. Salagnon hasste Saigon vom ersten Tag an, wegen des Lärms, der Hitze und all der aufdringlichen Elemente, von denen es in der Stadt wimmelte; aber als er ein paar Kilometer außerhalb der Stadt in Begleitung



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