01 by LionHeart

01 by LionHeart

Autor:LionHeart [LionHeart]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-05-06T07:48:46+00:00


6.

Das Bett sah aus, als hätte jemand berghoch dreckige Wäsche darauf gestapelt und hinterher mit einer Steppdecke zugedeckt. Der mächtigen Wölbung nach zu urteilen handelte es sich dabei mindestens um die Schmutzwäsche der letzten sechs Wochen. Allein der Umstand, daß sich der Berg in gleichmäßigen Abständen auf und nieder bewegte, deutete darauf hin, daß unter der Decke ein Mensch lag und schlief.

Und was für ein Mensch! Massige zwei Zentner erstreckten sich reglos über die gesamte Matratze, die sich bis zum Fußboden hätte durchbiegen müssen, wäre das nicht durch einen speziell verstärkten Lattenrost verhindert worden.

Plötzlich kam neue Bewegung in die Szenerie. Die Person unter der Decke drehte sich auf die Seite. Ein Arm rutschte heraus und baumelte schlaff über der Bettkante. Arm?

Keule wäre wohl die bessere Bezeichnung für dieses muskulöse Etwas gewesen. Wo die Faust dieses Mannes hinschlug, wuchs unter Garantie kein Gras mehr.

Und nicht nur auf Grashalme schien es der Schläfer abgesehen zu haben, auch vor Bäumen machte er nicht halt. Seinen lauten Schnarchtönen nach zu urteilen sägte er gerade eine breite Schneise durch einen dichten Wald.

Die Ursache für seinen tiefen und festen Schlaf stand auf seinem Nachtschrank: eine leere Flasche teurer Markencognac. Am Vorabend war sie noch voll gewesen.

Das Schnarchen verebbte, ging in ein Röcheln über. Eine Weile war es ganz still im Zimmer, man hätte eine Stecknadel fallen lassen können. Dann wurde die Stille plötzlich von einer krächzenden

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Stimme zerrissen.

»Wie spät ist es, Jimmy?«

Die Antwort klang mechanisch, wie von einem Automaten.

»Elf Uhr und elf Minuten nach terranischer Zeitrechnung.«

»Wie spät?« krächzte es entsetzt aus Richtung Bett. »Schon nach elf?«

»Elf Uhr und elf Minuten«, wiederholte die Mechanikstimme.

Sekundenbruchteile später flog die Bettdecke hoch, und der erwachte Mann richtete sich zu voller Größe auf. Besser gesagt: zu vollem Gewicht. Sein gewaltiger Bauch ähnelte einem Globus ohne Kontinente. Die Stirn glänzte bis zu seinem Hinterkopf. Was ihm auf dem Kopf an Haaren fehlte, machte sein verfilzter Bak-kenbart problemlos wieder wett.

Kurz und gut, Chris Shanton war der Alptraum einer jeden frisch verliebten Frau, die sich am Hochzeitstag besorgt die Frage stellte, wie ihr wohlgeratener Bräutigam wohl nach zehn Ehejahren aussehen mochte.

Der siebenundvierzigjährige, grobschlächtige Diplomingenieur war nicht verheiratet. Er hatte nur zwei große Lieben: den Alkohol und Jimmy.

Genaugenommen handelte es sich dabei um Haßlieben.

Chris Shanton mochte den belebenden Geschmack von Cognac und das Gefühl, sich mit jedem Glas ein bißchen mehr zu berauschen. Die körperlichen Folgen hingegen mochte er weniger, insbesondere am Morgen danach, wenn es in seinem Kopf wie in einem Steinbruch hämmerte und sich seine Zunge anfühlte wie Rauhfasertapete.

Mitunter schaffte Shanton es wochenlang, die Finger von der Flasche zu lassen, vor allem dann, wenn es wichtige Aufgaben zu bewältigen gab. Er war ein Mann, auf den man sich im Notfall felsenfest verlassen, auf den man bauen konnte. Aus diesem Grund hatte ihm Ren Dhark, der Commander der Planeten, die Entwicklung und Kontrolle eines einzigartigen Verteidigungssystems überlassen. Hunderte von mehr oder minder großen Asteroiden befanden sich rund um die Erde auf von Suprasensoren errechneten 182

Umlaufbahnen, als Träger von Abwehrforts. Erreichbar waren die »Ast« genannten Forts unter anderem durch Transmitterstationen.



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