Die Bestimmung – Fours Geschichte by Roth Veronica

Die Bestimmung – Fours Geschichte by Roth Veronica

Autor:Roth, Veronica
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-11-23T16:00:00+00:00


Der Verräter

.....

Noch ein Jahr, noch ein Besuchstag. Vor zwei Jahren, als ich Initiant war, habe ich am Besuchstag so getan, als existiere er gar nicht, und mich im Trainingsraum hinter einem Boxsack verschanzt. Ich blieb so lange dort, dass ich noch Tage danach den Geruch von Staub und Schweiß in der Nase hatte. Letztes Jahr, das erste Jahr, in dem ich Initianten unterrichtete, habe ich es genauso gemacht, obwohl mich sowohl Zeke als auch Shauna einluden, den Tag doch mit ihren Familien zu verbringen.

Dieses Jahr habe ich Wichtigeres zu tun, als auf einen Sack einzuschlagen und wegen meiner kaputten Familie Trübsal zu blasen. Ich bin auf dem Weg in den Kontrollraum.

Ich gehe durch die Grube und weiche tränenreichen Wiedersehen und kreischendem Gelächter aus. Familien können sich immer am Besuchstag sehen, auch wenn sie aus verschiedenen Fraktionen stammen, aber gewöhnlich kommen sie irgendwann nicht mehr. Es heißt schließlich: »Fraktion vor Blut.« Die gemischte Kleidung, die ich sehe, gehört zu den Familien der Fraktionswechsler: Wills Ken-Schwester trägt hellblau, Peters Candor-Eltern sind in Schwarzweiß gekommen. Ich beobachte einen Moment lang seine Eltern und frage mich, ob sie ihn zu dem gemacht haben, was er ist. Aber in den meisten Fällen sind Menschen nicht so leicht zu erklären, schätze ich.

Ich habe eigentlich eine Mission, aber ich halte an der Schlucht inne und beuge mich über das Geländer. Papierfetzen treiben im Wasser. Weil ich jetzt weiß, wo die Stufen in den Stein in der gegenüberliegenden Wand gehauen sind, sehe ich sie sofort, genauso wie die verborgene Tür, die zu ihnen führt. Lächelnd denke ich an die Nächte, die ich mit Zeke oder Shauna auf diesem Felsen verbracht habe; manchmal haben wir geredet, und manchmal haben wir einfach dagesessen und dem Wasserrauschen gelauscht.

Ich höre Schritte näher kommen und schaue über meine Schulter. Tris kommt auf mich zu, eingehakt bei einer in Grau gewandeten Altruan. Natalie Prior. Stocksteif stehe ich da und will plötzlich nur noch weg – was, wenn Natalie weiß, wer ich bin, woher ich komme? Was, wenn sie es hier durchblicken lässt, inmitten all dieser Menschen?

Sie kann mich unmöglich wiedererkennen. Ich sehe überhaupt nicht mehr aus wie der Junge von damals, schlaksig, mit hochgezogenen Schultern und unter Stoffmassen begraben.

Als sie nah genug ist, streckt sie die Hand aus. »Hallo, ich heiße Natalie. Ich bin die Mutter von Beatrice.«

Beatrice. Der Name passt so gar nicht zu ihr.

Ich ergreife Natalies Hand und schüttele sie. Ich habe noch nie etwas für diese Ferox-Gewohnheit übriggehabt. Es ist zu kompliziert – man weiß nie, wie fest man drücken und wie oft man schütteln soll.

»Four«, antworte ich. »Nett, Sie kennenzulernen.«

»Four«, wiederholt Natalie, und sie lächelt. »Ist das ein Spitzname?«

»Ja.« Ich wechsle das Thema. »Ihre Tochter schlägt sich gut hier. Ich habe ihr Training überwacht.«

»Das höre ich gern«, antwortet sie. »Ich habe schon einiges über die Initiation der Ferox gehört und mir Sorgen um meine Tochter gemacht.«

Ich sehe Tris an. Sie hat Farbe im Gesicht – sie sieht glücklich aus, als tue es ihr gut, ihre Mutter zu sehen. Zum ersten



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