Der Weihnachtsverdacht by Anne Perry

Der Weihnachtsverdacht by Anne Perry

Autor:Anne Perry
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2012-10-07T22:00:00+00:00


Bessie kümmerte sich um Lucien, der dicht beim Ofen lag. Squeaky, Crow und Henry Rathbone saßen, in ihre Mäntel gehüllt, in der Ecke. Sie sparten sich die letzten Holzstücke für den Morgen auf.

»Wie machen wir jetzt weiter?«, fragte Henry beinahe verzweifelt.

»Wir tragen ihn nach draußen«, sagte Squeaky ungeduldig. »Bevor wir alle wegen ihm umgebracht werden. Soll sich doch sein Vater um ihn kümmern.«

Crow warf ihm einen bösen Blick zu. »Und natürlich wird dieser Shadwell das alles zulassen! Als Nächstes wird dann die Polizei vor Wentworths Türe stehen und Lucien des Mordes an demjenigen beschuldigen, der unten bei der Treppe erstochen wurde.«

Henry richtete sich auf. »Dann müssen wir jetzt herausfinden, wer der Tote und wer der Mörder ist.«

»Und wenn es doch Lucien war?«, wandte Crow ein.

Henry biss sich auf die Lippe. »Dann werden wir in Erfahrung bringen, wie … und warum das geschehen ist, und entscheiden dann weiter.« Er saß mit dem Rücken an der Wand. Das Kerzenlicht ließ seine Gesichtszüge hervortreten. Er sah entsetzlich müde aus, aber, soweit Squeaky erkennen konnte, lagen weder Wut noch Verbitterung in seinem Gesicht. Natürlich war er ein Narr. Ohne die Unterstützung von Squeaky und Crow wäre er im Handumdrehen zu Schaden gekommen. Er wäre völlig ausgeraubt und, wenn er sich gewehrt hätte, auch noch umgebracht worden. Er schien alles zu glauben, was man ihm erzählte, egal, wie offensichtlich man log.

Und doch legte er einen Mut an den Tag, den Squeaky, wenn auch widerstrebend, bewundern musste. Abgesehen von der misslichen Situation, in die Henry sie alle gebracht hatte, mochte Squeaky ihn sogar. Er war zu weich geworden! Das war eben noch so etwas, das in der letzten Zeit schiefgelaufen war – genaugenommen, seit Squeaky ein ehrbarer Mensch geworden war. Er stellte fest, dass er Leute mochte, aus denen er oder andere keinerlei Nutzen ziehen konnten. Zuneigung war ein Luxus, den er bisher nicht gekannt hatte. Hatte ihn das Alter womöglich eingeholt? Oder war er feige geworden? Er war immer vorsichtig gewesen, sein ganzes Leben lang. Alles andere wäre dumm gewesen. Aber ein Feigling war er nie. Jetzt waren all seine Wertvorstellungen durcheinandergeraten. Nichts war mehr so wie früher!

»Ist sinnvoll«, sagte Squeaky widerstrebend. »Wenn Sadie die Tote ist, seh ich nicht, warum er sie hätte umbringen sollen. War ja richtig fasziniert von ihr. Schließlich hat sie ihn mit in den Sumpf gezogen. Der ist kein Kostverächter. Merkt man ja, wenn er über sie spricht. Wenn man süchtig ist, nach der Flasche, nach Opium oder was auch immer, dann zerstört man das Suchtmittel nicht. Die Sucht macht einen zum Idioten, aber sie wird die wichtigste Sache auf der Welt. Man muss ihr immer, aber auch immer folgen. Man sticht der eigenen Mutter die Augen aus, bevor man sie aufgibt.«

»Was wäre, wenn Sadie Niccolo bevorzugt hätte und Lucien sie dann aus Eifersucht umgebracht hat?«, überlegte Henry.

»Dann hätte er Niccolo getötet«, erwiderte Squeaky. »Er hätte sie zurückgeholt. Wie Eigentum. Man zerstört nicht, was einem gehört. Das wäre äußerst dumm. Er hätte sie vielleicht geschlagen«, räumte er ein, da er sich an solche Disziplinarmaßnahmen aus seiner Bordellzeit erinnerte.



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