Der Seneca-Effekt: Warum Systeme kollabieren und wie wir damit umgehen können (German Edition) by Ugo Bardi

Der Seneca-Effekt: Warum Systeme kollabieren und wie wir damit umgehen können (German Edition) by Ugo Bardi

Autor:Ugo Bardi [Bardi, Ugo]
Die sprache: deu
Format: mobi
ISBN: 9783960062189
Herausgeber: oekom verlag
veröffentlicht: 2017-10-01T16:00:00+00:00


Thanathia und die mineralische Eschatologie

Wenn wir aus dem gegenwärtigen weltweiten Trend des abnehmenden Erzgehalts die logische Schlussfolgerung ziehen, 164 müssten wir mit fortschreitend niedrigeren Konzentrationen in den Lagerstätten rechnen, die wir so lange ausbeuten, bis wir in eine Region vorstoßen, in der es keine Lagerstätten mehr gibt (die sogenannte »mineralogische Barriere« 165 ). Am Ende müssten wir in der undifferenzierten Erdkruste Bergbau betreiben – unter Einsatz der von mir so bezeichneten »universellen Bergbaumaschine«, 166 einem im wahrsten Sinne fantastischen Gerät, das gewöhnliches Gestein verarbeitet und in seine Bestandteile spaltet, sodass man alle Elemente des Periodensystems erhält. Das ist vom physikalischen Standpunkt nicht unmöglich, wir haben Technologien, die das leisten können. Aber seltene Elemente sind in gewöhnlichem Gestein in sehr, sehr geringen Konzentrationen enthalten, weshalb eine derartige Maschine in der Praxis komplett versagen würde. Um Mineralien im gegenwärtigen Umfang zu gewinnen, müssten wir ein Vielfaches dessen an Energie einsetzen, was wir heute aufwenden können – und die wird uns in Zukunft wohl nicht zur Verfügung stehen.

Ein weiteres, vielleicht noch gravierenderes Problem ist, dass riesige, schwerfällige universelle Bergbaumaschinen die Umwelt in einem unbeschreiblichen Ausmaß verwüsten und verschmutzen würden. Stellen Sie sich vor, man verarbeitete tausend- oder zehntausendmal so viel Gestein wie heute! Die Erde würde in einen riesigen Steinbruch verwandelt, in dem es kaum noch Lebensraum für Menschen gäbe.

Im Grunde ist unser Rohstoffproblem so banal wie fatal. Die Menschheit hat »irgendwann« damit angefangen, Erz (und andere Rohstoffe, wie Öl oder Kohle) auszubeuten, und dieses Erz ist nichts anderes als ein Überbleibsel geologischer Prozesse in der Erdkruste, die sich über Millionen oder gar Milliarden Jahre vollzogen haben. In der Biologie bezeichnet man Geschöpfe, die von Überbleibseln oder Abfällen leben, als »Destruenten« und ihr Los ist ein schmachvolles Hinscheiden, sobald ihnen die Nahrung ausgeht.

Dieses Schicksal könnte auch uns blühen und es lässt sich nur vermeiden, wenn wir neue Quellen förderbarer Mineralien entdecken. Leider ist das nahezu unmöglich und die meisten Vorschläge in diesem Sinne klingen definitiv nach Science Fiction. Manche sprechen vom Bergbau auf dem Mond oder auf Asteroiden, vergessen dabei aber, dass Erze das Ergebnis tektonischer Prozesse sind, die auf dem Mond und den Asteroiden nie stattgefunden haben. Wir dürften dort also kaum abbaubare Erze finden. Und Mars und Venus scheiden aus anderen Gründen aus, vor allem aber weil die Kosten der Hin- und Rückreise wahrhaft außerirdisch sind. Dasselbe gilt für Pläne für neue Abbaumethoden auf der Erde, zum Beispiel der Gewinnung von Rohstoffen aus Meereswasser. Die äußerst geringe Konzentration seltener Elemente im Meereswasser sorgt leider auch hier für exorbitant hohe Kosten und macht auch dieses Vorhaben undurchführbar. 167

Das ultimative Schicksal, das der Menschheit droht, wäre gleichbedeutend mit einem kompletten Stopp des Bergbaus. Das wird geschehen, nicht etwa weil alle Erze erschöpft wären, sondern weil es sich als unmöglich erweisen wird, das industrielle System in der heutigen Form funktionsfähig zu erhalten. Während unsere Vorfahren mit schlichten Spitzhacken und Schaufeln ans Werk gingen, werden unsere Nachfahren weder die Technik noch die Ressourcen besitzen, um die minderwertigen Erze zu nutzen, die wir ihnen hinterlassen. Ohne



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