Der schwarze Steg - Roman by Asa Larsson

Der schwarze Steg - Roman by Asa Larsson

Autor:Asa Larsson [Larsson, Asa]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-09-28T16:00:00+00:00


REBECKA MARTINSSON KAM gegen sechs Uhr abends nach Hause. Der Himmel hatte sich bewölkt, und die Dämmerung setzte ein. Als sie auf dem Hofplatz vor ihrem grauen Eternithaus aus dem Auto stieg, fing es an zu schneien. Flaumleichte Sterne, die glitzerten, als sie im Schein der Lampen an Stallwand und Haustür nach unten rieselten.

Rebecka blieb stehen, streckte die Zunge heraus, breitete die Arme aus, kehrte ihr Gesicht nach oben, schloss die Augen, sie spürte, wie die weichen Flocken auf ihren Wimpern und auf ihrer Zunge landeten. Aber es fühlte sich anders an als früher, als sie klein war. Das war, wie Engel in den Schnee zu malen, auch das war phantastisch, wenn man Kind war. Wenn man es später noch einmal versuchte, bekam man nur Schnee in den Kragen.

Er ist nichts für mich, dachte sie, öffnete die Augen wieder und schaute hinunter zum Fluss, der sich jetzt in Dunkelheit hüllte, in einigen Häusern auf der anderen Seite der Bucht brannte Licht.

Er denkt nicht an mich, dass er E-Mails schreibt, hat nichts zu bedeuten.

Im Laufe des Nachmittags hatte sie sicher zwanzig Mails an Måns Wenngren geschrieben und sie dann allesamt gelöscht. Sie wollte nicht zu eifrig wirken.

Vergiss es, versuchte sie sich zu ermahnen. Er hat kein Interesse.

Aber ihr Herz setzte sich trotzig zur Wehr.

Doch, sagte es und legte ihr Bilder vor, die sie sich ansehen sollte. Måns und Rebecka im Ruderboot. Sie rudert. Er lässt eine Hand ins Wasser hängen. Er hat die Ärmel seines weißen Bürohemdes aufgekrempelt. Sein Gesicht ist weich und entspannt. Danach: Rebecka auf dem Boden, in der Kammer vor dem Kamin. Måns zwischen ihren Beinen.

Als sie sich auszog, um das Bürokostüm durch Jeans und Pullover zu ersetzen, musterte sie sich im Spiegel. Blass und dünn. Die Brüste waren zu klein. Und hatten sie nicht eine reichlich seltsame Form? Nicht wie zwei kleine Hügel, sondern eher wie zwei umgedrehte Eistüten. Sie fühlte sich plötzlich schrecklich verlegen und fremd diesem Körper gegenüber, den keiner wollte und in dem kein Kind hatte heranwachsen dürfen. Sie zog sich ganz schnell wieder an.

Sie goss sich einen Whisky ein, setzte sich an den alten Klapptisch ihrer Großmutter in der Küche, trank größere Schlucke als sonst. Der Whisky landete warm in ihrem Magen, und die Gedanken hörten auf, in ihrem Kopf so entsetzlich zu bohren.

Zuletzt richtig verliebt gewesen war sie… in Thomas Söderberg, und das müsste doch einiges über ihre Fähigkeit bei der Auswahl von Männern verraten. Daran wollte sie also lieber nicht denken.

Seither hatte sie durchaus den einen oder anderen Liebhaber gehabt, allesamt Kommilitonen. Keinen, den sie sich selbst ausgesucht hatte. Sie hatte sich zum Essen einladen und küssen lassen und war dann im Bett gelandet. Trist und vorhersagbar schon von Anfang an. Sie hatte sie alle verachtet, weil sie solche Milchbubis waren, die Knaben aus der Mittelklasse, allesamt überzeugt davon, dass sie bessere Noten bekommen würden als Rebecka, wenn sie sich nur Mühe gäben. Sie verachtete ihren lächerlichen Aufruhr gegen ihre Eltern, der in mäßigem Drogenkonsum und etwas weniger mäßigem Konsum von Alkohol bestand.



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