Der Junge, der Äpfel liebte by Amanda Webster

Der Junge, der Äpfel liebte by Amanda Webster

Autor:Amanda Webster
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2014-07-17T22:00:00+00:00


18

Wir waren jetzt vier Wochen in Brisbane. Riches Wasserhaushalt hatte sich gebessert, und er hatte keinen Proteindrink ausgelassen. Der einzige nicht ausgetrunkene Drink war der während unseres Besuchs in Mullumbimby gewesen. Ich wusste nicht, ob er an Gewicht zugelegt hatte, denn der Ernährungsberater hielt Wort und ließ mich im Unklaren. Ich schätzte, dass es, wenn überhaupt, nur ganz wenig war. Die unmittelbare Gefahr eines Zusammenbruchs auf der Straße war zwar gebannt, dennoch blieb jeder Gedanke, ihn bei einer zünftigen Mahlzeit kräftig zulangen zu sehen, völlig illusorisch. Jans Voraussage während unseres Vorstellungsgesprächs – fünf oder mehr Jahre bis zur Genesung – begann sich als realistisch herauszustellen: Riche würde sich mit der Magersucht herumschlagen statt mit Pubertätsproblemen auf der Highschool.

Nun denn. Auf meiner Einkaufsliste standen jetzt: eine dauerhaftere Unterkunft in Brisbane, ein verständnisvoller Psychiater, die Absegnung von Riches medizinischer Stabilität durch einen Kinderarzt und ein Vorrat an Chardonnay, um meine abendliche Ration zu mir zu nehmen, wenn Riche endlich im Bett war.

Die Herausforderung bestand darin, es Kevin zu verklickern. Auf dem Gebiet der Finanzen gab es eine klare Gewaltenteilung: Er verdiente das Geld, ich gab es aus. Und das nicht nur fürs Essen. Bei uns zu Hause lagen noch genügend Bücher und Kleidung auf Halde, um das nächste Jahrzehnt bequem zu überstehen. Die Frage war, ob mein Ehemann einen längerfristigen Mietvertrag nicht als ultimatives Beispiel meiner fiskalischen Verantwortungslosigkeit betrachten würde.

»Ich muss ein Apartment mieten«, sagte ich während des abendlichen Sparringkampfs.

»Du meinst, einen Mietvertrag abschließen?«

»Zunächst für ein Jahr.«

Kevin wurde ganz still, höchstwahrscheinlich war er mit Kopfrechnen beschäftigt: 600 Dollar für die Therapie, 600 Dollar für das Kindermädchen der beiden anderen Kinder, 800 Dollar für unser Apartment im Motel. Hinzu kamen Extrakosten für die übrige Familie bei Wochenendbesuchen, denn Riche verkraftete keine jüngeren Kinder in seiner Wohnstätte, ›die sich nie die Hände waschen‹. Obendrauf gab ich noch mindestens 200 Dollar pro Woche für Warhammer-Figuren aus, obwohl sich der ursprünglich angstbesessene Exzess bei Games Workshop gelegt hatte. Es war die einzige Sache, die Riche von seinen schrecklichen Gedanken abbringen konnte, und eine der wenigen verbliebenen Möglichkeiten, nachdem Tai Chi gestrichen war, die 10 080 Minuten jede Woche auszufüllen. Alles in allem machte das mehr als 2000 Magersucht-bedingte Dollar pro Woche aus. Es waren Kosten, die ich als nicht verhandelbar betrachtete, und ich war dankbar, dass wir sie aufbringen konnten. Kevin, ganz der Geschäftsmann, den ich geheiratet hatte, sah natürlich nur, wie eine endlose Welle Geld in die falsche Richtung von dannen schwemmte.

Kevin brach sein Schweigen mit einem Kraftwort. »Was muss ich dafür hinblättern? Halt die Klappe, Minnie!« Er machte eine Pause, weil Minnie im Hintergrund bellte. »Dein Hund ist ein hoffnungsloser Fall. Du hättest ihn besser erziehen sollen.«

»Er ist eine Sie.« Es besänftigte mich etwas, dass Kevin das Pronomen wie üblich verwechselte. »Ich kenne die Kosten nicht. Ich muss erst mit einem Makler reden.«

»Diese Krankheit führt uns noch in den Bankrott.« Ein weiteres Kraftwort folgte. »Ich schätze, meinen Ruhestand kann ich mir in die Haare schmieren.«

Wir verfielen beide in Schweigen. Kevin hatte recht. Unser Traum von einer nach Patschuli duftenden Rente verschwand im Nirwana des Sonnenuntergangs.



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