Der große Gatsby by F. Scott Fitzgerald

Der große Gatsby by F. Scott Fitzgerald

Autor:F. Scott Fitzgerald [Fitzgerald, F. Scott]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Fiction, Historical, General
ISBN: 9783423407199
Google: 6V3KTmsY91oC
Herausgeber: Deutscher Taschenbuch Verlag
veröffentlicht: 2011-03-31T22:00:00+00:00


Kapitel 7

Ausgerechnet als die Neugier wegen Gatsby ihren Höhepunkt erreichte, gingen die Lichter in seinem Haus eines Samstagabends nicht an – und so wie seine Karriere als Trimalchio im Dunkel begonnen hatte, war sie jetzt plötzlich vorbei. Nur allmählich wurde mir bewusst, dass die Automobile, die erwartungsvoll seine Auffahrt heraufkamen, nur eine Minute lang blieben und dann beleidigt wieder davonfuhren. Ich fragte mich, ob er krank sei, und ging hinüber – traf aber nur einen mir unbekannten Butler mit einem Schurkengesicht, der mich misstrauisch von der Tür aus beäugte.

»Ist Mr Gatsby krank?«

»Nein.« Nach einer Pause fügte er verzögert und mürrisch »Sir« hinzu.

»Ich habe ihn länger nicht mehr gesehen und habe mir Sorgen gemacht. Sagen Sie ihm, Mr Carraway sei da gewesen.«

»Wer?«, fragte er unhöflich.

»Carraway.«

»Carraway. Gut, ich werd es ihm sagen.« Abrupt schlug er die Tür zu.

Meine finnische Aufwartefrau teilte mir mit, dass Gatsby vor einer Woche sämtliche Hausangestellten entlassen und durch ein halbes Dutzend andere ersetzt habe, die nie nach West Egg kamen, um sich von den Lieferanten be-stechen zu lassen, sondern nur am Telefon bescheidene Bestellungen aufgaben. Der Botenjunge des Lebensmittelhändlers hatte berichtet, dass die Küche wie ein Schweinestall aussah, und die allgemeine Ansicht im Dorf war, dass die neuen Leute gar keine Dienstboten waren.

Am nächsten Tag rief Gatsby mich an.

»Verreisen Sie?«, fragte ich.

»Nein, alter Junge.«

»Ich hab gehört, Sie hätten alle Ihre Dienstboten gefeuert.«

»Ich wollte Leute, die nicht herumtratschen – Daisy kommt jetzt nachmittags oft herüber.«

Die ganze Karawanserei war also wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen, nur wegen der Missbilligung in ihren Augen.

»Das sind Leute, für die Wolfsheim etwas tun wollte.

Alles Brüder und Schwestern. Sie hatten früher ein kleines Hotel.«

»Verstehe.«

Gatsby rief in Daisys Auftrag an – ob ich wohl morgen zum Mittagessen in ihrem Haus kommen könne? Miss Baker würde auch da sein. Eine halbe Stunde später rief Daisy selbst an und schien sehr erleichtert, als sie erfuhr, dass ich kommen würde. Es war also etwas im Gange.

Trotzdem konnte ich mir nicht vorstellen, dass sie gerade diese Gelegenheit für eine Szene wählen würden, – besonders nicht für die bittere Szene, die mir Gatsby im Garten ausgemalt hatte.

Der nächste Tag war glühend heiß, fast der letzte, mit Sicherheit aber der heißeste Tag dieses Sommers. Als mein Zug aus dem Tunnel in die Sonne herausfuhr, wurde die siedende Mittagsstille zersägt von den heißen Dampf-sirenen der National Biscuit Company. Das Korbgeflecht der Sitze stand kurz davor, sich selbst zu entzünden; die Frau neben mir schwitzte eine Zeit lang zart in ihre weiße Bluse und ließ sich, als die Zeitung in ihren Händen feucht wurde, mit einem hoffnungslosen Schrei tief in die Hitze fallen. Ihre Handtasche kippte dabei auf den Boden.

»Oh je!«, keuchte sie.

Ich bückte mich müde, hob die Tasche auf und reichte sie ihr, wobei ich sie auf Armeslänge von mir weg hielt und nur an der Ecke anfasste, um zu zeigen, dass ich keine bösen Absichten hatte. Dennoch geriet ich sofort bei allen Umsitzenden, einschließlich der Frau selbst, in Verdacht.

»Heiß!«, sagte der Schaffner zu den vertrauten Gesichtern. »Ein Wetter ist das!



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