Der Augensammler by Sebastian Fitzek

Der Augensammler by Sebastian Fitzek

Autor:Sebastian Fitzek [Fitzek, Sebastian]
Format: mobi, epub
Tags: Psychothriller
ISBN: 3426198517
Herausgeber: TUX
veröffentlicht: 2010-06-05T22:00:00+00:00


45. Kapitel

(Noch 7 Stunden und 26 Minuten bis zum Ablauf des Ultimatums)

Tobias Traunstein (9 Jahre)

Einmal hatten sie gewettet, wer länger unter Wasser bleiben könne. Direkt nach dem Schulschwimmen im Krummebad – sie hätten eigentlich schon beim Duschen sein müssen – hatte Kevin sein komplettes Panini-Heft zur WM als Einsatz gesetzt. Tobias schluckte trocken, dann sog er gierig die immer dünner werdende Luft aus der Dunkelheit um ihn herum. Er musste an einen Strohhalm denken, mit dem man einen dicken Milchshake trinken will. So mühsam war das At men mittlerweile geworden. Es ging um das Panini-Heft! Mann, seins war nicht mal annähernd vollständig gewe sen. Also waren sie damals um die Wette getaucht. Er, Jens und Kevin. Wobei … Eigentlich müsste es ja anders heißen. Kevin, Jens und er. Oder Jens an erster Stelle. Nur nicht der Esel, dachte Tobias und steckte die Münze wieder in den Schlitz der Schraube. Der Esel nennt sich nie zuerst. Das wusste er von Frau Quandt, derselben Deutschlehre rin, mit der sie den Text über den Schiffbrüchigen gelesen hatten. Der Typ, der sich immer auf die Zunge biss, um Spucke zu produzieren. Tobias presste die Schneidezähne noch fester zusammen.

Scheißtipp. Funktioniert nicht.

Er musste husten, wodurch er schon wieder abrutschte.

Scheißschraube. Scheißdunkelheit. Scheiß auf Frau Quandt.

Der verdammte Speichel blieb aus. Das Einzige, was sich vermehrte, war der Schmerz. Die Zunge war schon ganz wund und fühlte sich an wie ein Stück Leder. Und sein Kopf dröhnte wie damals, als er viel zu lange unter Wasser geblieben war, nur um dieses bekloppte Sammelheft zu be kommen. Und das war ihm ebenso wenig gelungen, wie endlich die ses Schloss zu öffnen. Vier Umdrehungen hatte er schon gezählt. Vielleicht sogar fünf. Dann war ihm die Münze aus der Hand gefallen, mit der er die Schraube im Schloss bewegte, und er war bei der Suche nach ihr eingeschlafen. Jetzt wusste er nicht, wie viel Zeit er verpennt hatte, hier in dieser ewigen Finsternis. Wenn die Kopfschmerzen nicht so schlimm wären, wäre er sich nicht mal sicher, ob er überhaupt aufgewacht war. Er steckte die Münze wieder in den Schlitz und schaffte eine weitere halbe Umdrehung.

Kacke, wieso schwitze ich so doll, dass mir die Münze im mer wieder aus den Fingern gleitet, aber mein Mund ist tro cken wie …?

Ja, wie was? Auf einmal fühlte er sich leer. Sein Kopf dröhn te, und er war zu müde, um einen passenden Vergleich zu fi nden. Wie Arschwasser, wollte er sagen, aber das ergab ja gar kei nen Sinn. Tobias zuckte zusammen, als er eine hysterische Lache hörte, bis ihm klar wurde, dass es seine eigene war. Er leckte sich den Schweiß von der Oberlippe und wusste, dass er einen Fehler machte. So wie in der Geschichte um den Schiffbrüchigen, der das Meerwasser getrunken hatte und nur noch durstiger wurde. Damals hatte er sich über legt, warum der Mann auf dem Floß nicht sein eigenes Blut trank. Aber das war vermutlich eine ebenso beschissene Idee wie die Nummer mit dem Schloss hier. Er würde hier niemals rauskommen.



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